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Flüchtlinge: Ex-Verfassungsrichter gegen Beschlagnahme privater Immobilien

Archivmeldung vom 05.10.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.10.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Hans-Jürgen Papier (2014)
Hans-Jürgen Papier (2014)

Foto: Tobias Klenze
Lizenz: GFDL
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Hans-Jürgen Papier, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, äußert sich sehr skeptisch zur Beschlagnahme privater Immobilien für die Unterbringung von Flüchtlingen und Zuwanderern.

Solche Maßnahmen könnten als "sicherheitsrechtlicher Notstand" gerechtfertigt sein, wenn also eine "gegenwärtige erhebliche Gefahr" für die Flüchtlinge vorliege, schreibt Papier in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". "Als allgemeine und dauerhafte Lösung einer allgemeinen Überlastung staatlicher und kommunaler Unterbringungseinrichtungen können sie nicht in Betracht kommen."

Um den Flüchtlingszustrom zu bewältigen, greifen Kommunen zu drastischen Maßnahmen: Beschlagnahmungen, die Vergabe von Sozialwohnungen für Flüchtlinge und Mieterkündigungen durch Kommunen wegen Eigenbedarf. Der Speyrer Verwaltungsrechtler Joachim Wieland hält vor allem letzteres für ungesetzlich.

"Ich sehe keine Konstellation, in der Mietern einer städtischen Wohnung gekündigt werden dürfte, weil dort Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Die Ordnungsbehörde darf nicht neue Obdachlosigkeit schaffen, um alte zu beseitigen", sagte Wieland dem "Handelsblatt".

Behörden korrigieren Flüchtlingszahl auf 1,5 Millionen

Die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland könnte in diesem Jahr noch viel höher ausfallen als bislang offiziell vorausgesagt. Deutsche Behörden gingen davon aus, dass in den Monaten Oktober bis Dezember bis zu 920.000 weitere Asylbewerber nach Deutschland kommen, berichtet die Zeitung "Bild". Damit würde die Zahl der Flüchtlinge bundesweit auf bis zu 1,5 Millionen in diesem Jahr steigen.

Bislang geht die Bundesregierung offiziell von 800.000 bis einer Million Flüchtlinge für das Jahr 2015 aus. Das Blatt beruft sich dabei auf ein Papier der Bundesregierung. Von einem spürbaren Rückgang der Flüchtlingszahlen während der Wintermonate werde in dem Bericht nicht ausgegangen.

Unions-Politiker fordern Grenzschließung und Aufnahmestopp für Flüchtlinge

Politiker von CDU und CSU haben angesichts des Umstands, dass in diesem Jahr womöglich mit erheblich mehr Flüchtlingen in Deutschland zu rechnen ist als bislang offiziell erwartet, drastische Konsequenzen wie eine Schließung der Grenzen und einen Aufnahmestopp gefordert. "Das Maß des Erträglichen und Stemmbaren ist erreicht", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Willsch dem "Handelsblatt". "Die Grenzen sollten für etwa sechs Monate geschlossen und ein sofortiger Aufnahmestopp verkündet werden."

In dieser Zeit müssten alle Asylanträge überprüft und abgearbeitet werden. "Wer keinen Asylgrund hat oder aus einem sicheren Bereich kommt, muss unser Land auf dem schnellsten Weg verlassen", forderte Willsch. Der Anteil der Trittbrettfahrer sei hoch, fügte er hinzu. "Wer wirklich verfolgt und terrorisiert wird, hat unseren Beistand verdient." Das sei aber keine Einbahnstraße. "In unserem Land zählen unser Recht und unsere Werte."

Willsch machte zudem einen Stimmungsumschwung in Deutschland aus. "Die Zeit der Jubel- und Klatschempfänge an deutschen Bahnhöfen ist vorbei", sagte er. "Überall werde ich angesprochen, wie wir das Problem wieder in den Griff bekommen wollen. Mein E-Mail-Postfach läuft über, viele Menschen rufen in meinen Büros an, sind in Sorge um die Stabilität und Sicherheit unseres Landes, fragen, wie lange der Sportunterricht ihrer Kinder ausfallen wird."

Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl sieht die Zeit für harte Gegenmaßnahmen gekommen. "Diese Entwicklung muss gestoppt werden, da sie nicht zu bewältigen ist", sagte Uhl mit Blick auf die hohen Flüchtlingszahlen dem "Handelsblatt". Die Landesinnenminister müssten Ausreisepflichtige abschieben.

Die Bundespolizei müsse zudem, bei aller Offenheit der Grenzen, "unberechtigte Zuwanderer bereits an der Grenze beharrlich zurückweisen". Uhl warnte vor den Folgen eines weiteren ungebremsten Flüchtlingszustroms. "Hunderttausendfacher Familiennachzug wird sich später kaum vermeiden lassen." Die Mehrzahl dieser Menschen sei aber "nicht im Sinne des Asylrechts mit Leib und Leben bedroht".

Trittin rechnet mit jahrelanger Flüchtlingskrise

Nach Einschätzung des Grünen-Außenpolitikers Jürgen Trittin wird die Flüchtlingskrise kurzfristig nicht zu bewältigen sein. "Die Bundesregierung hat fünf Jahre lang den Krieg und die humanitäre Katastrophe in Nahost ignoriert", sagte Trittin am Montag dem "Handelsblatt" (Online). Um eine politische Lösung unter dem Dach der Vereinten Nationen hätten sich weder Kanzlerin Angela Merkel (CDU) noch Frank-Walter Steinmeier (SPD) wirklich bemüht. "Was fünf Jahre versäumt wurde, kann nicht in fünf Wochen korrigiert werden."

Eine Veränderung der Situation wird es aus Trittins Sicht nur geben, "wenn in den Flüchtlingslagern in der Türkei, in Jordanien und dem Libanon humanere Verhältnisse herrschen und die Menschen nicht mehr von 50 Cent am Tag leben müssen." Deshalb müsse die Hilfe "massiv" aufgestockt werden.

"Der Strom der Flüchtlinge nach Europa aber wird nur steuer- und begrenzbar, wenn es endlich legale Zuwanderungsmöglichkeiten gibt", fügte der frühere Grünen-Fraktionschef hinzu. "Das macht den Schleusern das Geschäft kaputt und zwingt Menschen nicht in Schlauchboote aufs Mittelmeer."

Die Bundesregierung aber wolle "eingerissene Mauern um Europa" wieder aufbauen. Das werde nicht klappen. Und sie setze darauf, die Flüchtlinge im Lande schlechter zu behandeln. "Aber auf Sammellager und Sachleistungen zu setzen, um Flüchtlinge abzuschrecken, ist angesichts der Lage in den Herkunftsländern absurd. Es fördert einzig die Vorurteile von Fremdenfeinden hier", sagte Trittin.

Vollends beschämend sei es, wenn nun von CSU-Chef Horst Seehofer bis SPD-Chef Sigmar Gabriel Deutsche gegen Flüchtlinge ausgespielt würden. "Da fühlt sich das rechte Pack bestätigt." Der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer kündigte an, dass dem beschlossenen Asylpaket der Bundesregierung "sehr bald weitere Schritte folgen müssen und werden".

"Sowohl in Deutschland als auch in Europa müssen dringend rechtsstaatliche Verfahren, beispielsweise was die lückenlose Registrierung aller Flüchtlinge angeht, greifen und konsequent zur Anwendung gebracht werden", sagte Mayer dem "Handelsblatt". "Alle Akteure auf den verschiedenen politischen Ebenen müssen hierbei ihren Teil beitragen."

Flüchtlinge: Stegner sieht Belastungsgrenze "vielerorts" erreicht

SPD-Bundesvize Ralf Stegner hat mit Sorge darauf reagiert, dass in diesem Jahr womöglich mit erheblich mehr Flüchtlingen in Deutschland zu rechnen ist als bislang offiziell erwartet: "Die in kürzester Zeit dramatisch angewachsenen Flüchtlingszahlen stellen die vielen vorbildlich engagierten ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, Kommunen, Polizei und Bundeswehr vor eine enorme Bewährungsprobe und erreichen vielerorts eine Belastungsgrenze", sagte Stegner am Montag dem "Handelsblatt" (Online). "Nicht alle Menschen werden bei uns bleiben können und ohne gemeinsame Solidarität in Europa können wir die Herausforderung nicht stemmen", fügte er hinzu.

Stegner unterstrich, dass in dieser Situation "Besonnenheit und politische Tatkraft" gefragt seien. "Weder die rosarote Brille, die bestehende Probleme ignoriert, noch populistisches Stammtischgeschwätz über neue Zäune oder Grundrechtsänderungen helfen jetzt weiter", sagte er. Lösungen lägen ausschließlich in dem Dreiklang aus internationaler Bekämpfung der Fluchtursachen, was eine "realpolitische Einbeziehung" Russlands und der Türkei einschließe, sowie einer gemeinsamen europäischen humanitären Flüchtlingspolitik mit Mindeststandards und fest vereinbartem Verteilsystem und funktionierenden Hotspots an den Außengrenzen.

In Deutschland, so Stegner weiter, gehe es nach wie vor um "drastisch beschleunigte" Prüfverfahren des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und die "beherzte Umsetzung" der Vereinbarungen von Bund und Ländern. "Neue grundgesetzwidrige Vorschläge, populistische Antiflüchtlingsrhetorik oder soziale Verteilungskämpfe, etwa eine Absenkung des Mindestlohns für Flüchtlinge oder bezahlbaren Wohnraum nur für Flüchtlinge, wären Brandbeschleuniger für einen Rechtsruck in Deutschland, den wir mit aller Entschlossenheit verhindern müssen", betonte der SPD-Vize.

CDU-Generalsekretär lehnt Kurskorrektur in Flüchtlingspolitik ab

CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat eine Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik abgelehnt. "Der Kurs lautet: Fluchtursachen beseitigen, EU-Außengrenzen sichern, Hilfe nur für die, die wirklich verfolgt sind", sagte Tauber der "Saarbrücker Zeitung" (Montag). Der CDU-Generalsekretär glaube nicht, "dass die CSU diesen Kurs ändern will und die SPD ist klug beraten, auf dieser Linie zu bleiben".

Angesichts der CSU-Attacken auf Kanzlerin Angela Merkel ermahnte Tauber die Schwesterpartei zu mehr Geschlossenheit. CDU und CSU seien immer dann besonders erfolgreich, wenn man gemeinsam an der Lösung von Problemen arbeite. "So sollten wir es auch bei der größten Herausforderung seit der Deutschen Einheit halten."

Mit Blick auf die Integration der Flüchtlinge mahnte Tauber, dass sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen dürften. "Es ist wichtig, dass wir diejenigen, die hier bleiben dürfen, frühzeitig in Integrationskurse schicken, damit sie die Werte unseres Landes kennenlernen und zu den eigenen machen", so der CDU-Politiker.

Handwerk will dreijährigen Ausbildungsaufenthalt für Flüchtlinge

Das Handwerk fordert bessere Bedingungen für die Ausbildung und Qualifizierung junger Flüchtlinge: "Das Anliegen eines sicheren dreijährigen Ausbildungsaufenthalts für Flüchtlinge ist leider auch im jüngst vorgelegten Entwurf für das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz nicht aufgegriffen worden", sagte Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer der "Rheinischen Post".

"Die Duldung für jeweils ein Jahr gewährleistet diese Rechtssicherheit nicht", so Wollseifer. "Hier erwartet das Handwerk eine Nachbesserung im anstehenden Gesetzgebungsverfahren", erklärte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH). Zudem müsse die Altersgrenze für geduldete Flüchtlinge von derzeit 21 Jahren, die für eine Ausbildung infrage kämen, gestrichen oder wenigstens auf 25 Jahre angehoben werden.

Die bisherigen Erfahrungen zeigten, dass ausbildungswillige Flüchtlinge oft bereits älter seien, da sie durch Krieg und Vertreibung Jahre verloren hätten. Wollseifer forderte zudem mehr Hilfestellung der Behörden bei der Begleitung der jungen Flüchtlinge, die eine Lehre beginnen.

"Zudem erwartet das Handwerk, dass den ausbildenden Betrieben `Kümmerer` zur Seite gestellt werden, um sie bei der oft aufwändigen behördlichen Abwicklung einer Ausbildung von Flüchtlingen zu unterstützen", sagte Wollseifer.

Flüchtlinge: Hasselfeldt pocht auf Transitzonen an deutscher Grenze

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt pocht angesichts des ungebremsten Zustroms von Flüchtlingen nach Deutschland auf die schnelle Einrichtung von Transitzonen an der deutschen Grenze. "Die Transitzonen werden dringend benötigt und sollten so schnell wie möglich eingerichtet werden. Erst bei einer deutlichen Entspannung der Situation an unseren Grenzen würden sie wieder zur Disposition stehen", sagte Hasselfeldt der "Rheinischen Post".

Die EU hatte die Rechtmäßigkeit solcher Transitzonen zuvor infrage gestellt. "Den Hinweis der Kommission nehmen wir zur Kenntnis", sagte Hasselfeldt. Solange es aber den anderen EU-Mitgliedstaaten nicht gelinge, ihre Außengrenzen zu sichern sowie geltendes europäisches Recht umzusetzen und somit weiterhin Tausende Menschen unregistriert nach Deutschland kämen, habe Deutschland offensichtlich vorrangigere Aufgaben, als sich über die Dauer der Errichtung von Transitzonen an‎ der bayerisch-österreichischen Grenze Gedanken zu machen.

Arbeitgeber bemängeln Hürden bei Anwerbung ausländischer Fachkräfte

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) fordert die Regierungen in Bund und Ländern auf, Hürden bei der Anwerbung ausländischer Fachkräfte aus dem Weg zu räumen. Die hohe Zahl von Flüchtlingen dürfe "nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland zur Fachkräftesicherung strategisch nicht auf ausschließlich humanitär begründete Zuwanderung von Verfolgten setzen darf", mahnt der Verband in einem Brief an die Bundesministerien für Arbeit, Auswärtiges und Inneres sowie die Innenministerien der Länder, über den das "Handelsblatt" (Dienstagsausgabe) berichtet.

In dem Schreiben und einem 13-seitigen Positionspapier kritisieren die Arbeitgeber demnach die "zum Teil abstrusen Probleme", mit denen sich Unternehmen bei der Anwerbung ausländischer Experten konfrontiert sehen. Der Forderungskatalog reiche von einer Vereinheitlichung der Genehmigungspraxis über einen erleichterten Familiennachzug bis hin zur leichteren Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.

Obwohl der Gesetzgeber schon aktiv geworden sei, zeigten die Erfahrungen der Unternehmen, "dass viele Probleme nicht ernsthaft angepackt" würden. Bei der regulären Blauen Karte der EU für Hochqualifizierte etwa könnten die Auslandsvertretungen heute weitgehend allein entscheiden, ohne andere Behörden hinzuzuziehen.

Interessierte Fachkräfte und Unternehmen hätten oft aber Schwierigkeiten, in den Auslandsvertretungen überhaupt den richtigen Ansprechpartner zu finden, oder müssten auf Termine lange warten. Außerdem fehle dem Personal oft die Fachkenntnis in Sachen Arbeitsmigration. Die praktische Umsetzung des Zuwanderungsrechts sei deshalb, "gelinde gesagt, extrem verbesserungsbedürftig", heißt es laut "Handelsblatt" in dem Brief an die Ministerien.

Ramelow: Grundrecht auf Asyl ist zentrales Menschenrecht

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) lehnt die Einschränkung des Asylrechts im Grundgesetz ab: "Das Grundrecht auf Asyl ist ein zentrales Menschenrecht und schlicht nicht verhandelbar", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung". "Eine zahlenmäßige Obergrenze von Grundrechten gibt es nicht und einen Grundrechtskatalog nach Kassenlage auch nicht. Ansonsten wäre der erste Satz unserer Verfassung hinfällig."

Ramelow fügte hinzu: "Die Unantastbarkeit der Menschenwürde gilt nicht nur für einige, sondern für alle. Darin hat die Kanzlerin meine volle Unterstützung. Ich wünsche mir, dass sich aus allen demokratischen Parteien Menschen finden, die sich in dieser Frage vor unsere Verfassung stellen."

Roth kritisiert Bundespräsident Gauck in Flüchtlingsdebatte

Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hat Bundespräsident Joachim Gauck vorgeworfen, in der Flüchtlingsdebatte Verwirrung zu stiften. "Auch der von mir sehr geschätzte Bundespräsident hat zur Verwirrung beigetragen", kritisierte Roth in der "Welt".

"Er hat früh die Asyldebatte mit viel Empathie aufgegriffen, hat Flüchtlinge besucht, dann aber gesagt, unsere Aufnahmekapazität sei begrenzt", sagte die Grünen-Politikerin. "Dieses Signal vom obersten Repräsentanten des Staates trifft auch unseren moralischen Imperativ: Du musst mit unserer Geschichte verantwortlich leben", erklärte Roth. "Daraus ist das Recht auf Asyl für jeden entstanden."

Roth warf der CSU vor, diese wolle die deutsche Asylpolitik am Vorbild Ungarns ausrichten. "Die CSU betreibt die Orbanisierung der deutschen Asylpolitik", sagte die frühere Grünen-Vorsitzende in Anspielung auf den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Dies sei brandgefährlich.

So spreche der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) jetzt auch über Zäune an deutschen Grenzen. "Ich glaube nicht, dass es hilft, wenn demokratische Parteien den Pegida-Sprech aufnehmen und glauben, damit den rechtsextremen Gruppen den Boden zu entziehen."

Im Gegenteil: "Die CSU gießt so noch mehr Öl ins Feuer." Sie provoziere die Kanzlerin, indem sie den ungarischen Regierungschef Orban zu sich einlade. Roth unterstützte den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Verantwortliche Politik darf sich nicht an Umfragen orientieren und sie muss die Menschen ermutigen."

Junge Union verlangt wegen Flüchtlingskrise neuen Koalitionsvertrag

Die Junge Union fordert angesichts der Flüchtlingskrise die Bundesregierung auf, einen völlig neuen Koalitionsvertrag auszuhandeln. Der JU-Bundesvorsitzende Paul Ziemiak sagte der Zeitung "Bild": "Die Flüchtlingskrise stellt viele Ressorts vor große Herausforderungen. Vor allem das deutsche Bildungssystem muss für tausende junge Menschen, die kein Deutsch sprechen, angepasst werden. Hier ist zentrale Steuerung vom Bund gefragt."

Ziel müsse unter anderem sein, die Asylverfahren deutlich zu beschleunigen. Ziemiak sagte weiter, dass der aktuelle Koalitionsvertrag "weitgehend abgearbeitet" sei, abgesehen von einigen arbeitsmarktpolitischen Reformen. Nötig sei jetzt aber eine auf die aktuelle Situation ausgerichtete "Gesamtstrategie für die 2. Halbzeit" von Union und SPD.

Neben Antworten auf die Flüchtlingskrise fehlten auch bei anderen Querschnittsaufgaben wie der Bewältigung des Demographischen Wandels, der Digitalisierung und der Energiewende strategische Konzepte, bemängelte der Vorsitzende des größten politischen Jugendverbandes in Deutschland.

Bischöfe unterstützen Merkels Flüchtlingspolitik

Die Spitzenvertreter der katholischen und evangelischen Kirchen in Deutschland kritisieren die geplante Verschärfung der Asylgesetze, unterstützen aber insgesamt den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Merkel habe ihn "beeindruckt" mit ihrem Versuch, "Humanität und Steuerung zusammenzubringen", sagte Heinrich Bedford-Strohm, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, der "Süddeutschen Zeitung" in einem gemeinsamen Interview mit dem Münchner Kardinal und Bischofskonferenzvorsitzenden Reinhard Marx.

Marx sagte, bei den geplanten Reformen der Asylgesetze sehe man einiges kritisch, es komme jetzt darauf an, "dass das Grundrecht auf Asyl nicht angetastet wird, dass alle Menschen eine faire Behandlung bekommen, und dass europäische Grenzen nicht zu Todesgrenzen werden".

Bedford-Strohm erklärte, es sei sinnlos, Flüchtlinge bis zu sechs Monaten in Sammelunterkünfte zu zwingen, auch das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten werfe Fragen auf. Der Münchner Kardinal und der bayerische Landesbischof lobten die Hilfsbereitschaft der Deutschen. "Wir werden uns in 20 Jahren an das erinnern, was in diesen Wochen passiert", sagte Marx.

Bedford-Strohm erklärte: "Das Willkommen war nicht nur ein Event, dem jetzt der Kater folgt. Da waren Menschen mit einer Grundhaltung am Werk". Entscheidend sei nun, im Umgang mit der Flüchtlingskrise einen Ansatz der Zuversicht und nicht der Angst zu wählen. Beide Kirchenverantwortliche sagten aber auch, dass man die Mühen der Integration nicht unterschätzen dürfe.

"Wir müssen verhindern, dass sich die verschiedenen Gruppen, Ethnien, Religionen im Land abgeschlossene Welten schaffen", sagte Marx. Allerdings gehe die Furcht vor einer drohenden Islamisierung Deutschlands "an der Realität vorbei", ergänzte Bedford-Strohm.

Altmaier: Merkel wird in Flüchtlingsfrage Kurs halten

Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingskrise den Rücken gestärkt. "Jeder, der glaubt, er könne mitten in Europa - mitten durch Deutschland - zu seinen Nachbarn in Österreich, in Frankreich Grenzzäune ziehen, Stacheldraht ziehen - ich glaube, der erkennt dieses Problem nicht", sagte Altmaier im "Bericht aus Berlin".

Man brauche Lösungen für die Flüchtlingskrise: "Aber sie bestehen nicht in neuen Mauern und in Stacheldraht. Sondern sie bestehen in einer vernünftigen europäischen Lösung, an der wir mit Hochdruck arbeiten."

Die Union liege weiter in Umfragen bei 40 Prozent, Rechtspopulisten könnten dagegen nicht profitieren, so Altmaier weiter. Man solle daher weiter das machen, "was in der Sache richtig ist", sagte der Kanzleramtsminister weiter. Er sei fest davon überzeugt, dass man eine Chance habe, den demokratischen Grundkonsens in Deutschland, und damit eine der größten Errungenschaften der Nachkriegszeit, zu behaupten und zu verteidigen, in dem man der neuen Herausforderung Flüchtlingskrise erfolgreich begegne. Die Kanzlerin werde bei ihrem derzeitigen Kurs bleiben, so Altmaier.

Friedrich: Christen brauchen geschützte Flüchtlingsunterkünfte

Unions-Fraktionsvize Hans-Peter Friedrich (CSU) will Flüchtlingen christlichen Glaubens, die sich von Islamisten bedroht fühlen, ein Recht auf besonders geschützte Unterbringung einräumen. "Christen sind die am stärksten verfolgte religiöse Minderheit weltweit", sagte der frühere Bundesinnenminister der "Welt". "Wer als Christ vor islamischen Terroristen flieht, um Schutz in unserem Land zu finden, darf in den Flüchtlingsunterkünften nicht neuen Diskriminierungen und Schikanen ausgesetzt werden."

Darauf zu hoffen, dass jeder, der die deutsche Grenze überquere, "plötzlich vom Geist der abendländischen Toleranz erfüllt" sei, sei eine "naive bis ignorante Sichtweise". "Jeder Christ, der sich in unseren Flüchtlingsunterkünften bedroht fühlt, sollte das Recht haben, getrennt untergebracht zu werden", verlangte der CSU-Politiker. "Wir haben als christliches Abendland die Verpflichtung, den verfolgten Christen beizustehen."

Die Debatte um eine Trennung der Flüchtlinge in den Unterkünften nach Religionen war aufgekommen, nachdem sich gewalttätige Auseinandersetzungen in den Einrichtungen gehäuft hatten. In CDU, CSU und SPD sowie bei den Grünen gibt allerdings Kritik an dem Vorschlag, der aus den Reihen der Polizei kam. Der Sprecher des Seeheimer Kreises in der SPD, der Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs, rief die Flüchtlinge in Deutschland zur Integration auf.

"Die Flüchtlinge kommen nicht nur in ein reiches Land, sondern vor allem in eine Wertegemeinschaft. Wer sich an diese Werte hält, ist herzlich Willkommen", sagte Kahrs der "Welt": "Wer die Gleichstellung von Mann und Frau nicht akzeptiert, wer Minderheiten nicht schützen, wer Lesben und Schwule steinigen will, wer gewalttätig und straffällig wird, hat hier nichts zu suchen, und sollte gleich wieder einen Bus in seine Heimat besteigen."

Zugleich nahm der Sprecher der Migranten in der SPD die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Kritik aus der SPD in Schutz. "Angela Merkel hat ein großes Herz bewiesen, indem sie große Menschlichkeit gezeigt hat - gegen den Widerstand der vielen Konservativen und Rechtspopulisten in ihrer Partei", sagte Aziz Bozkurt, Bundesvorsitzender der AG Migration und Vielfalt in der SPD, der "Welt". Merkel zeigte "heute eine beeindruckende Führungsstärke, indem sie nicht einknickt, wenn diejenigen, die hinter Umfragen her hecheln, aufschreien".

Bozkurt verband seine Verteidigung Merkels mit einer Attacke auf den SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann. "Sozialdemokraten, wie Thomas Oppermann, die die Stichworte der CSU aufnehmen, sollten endlich mal innehalten und den Verstand einschalten", sagte Bozkurt: "Irgendwann ist ein Punkt erreicht, wo die Grenze dessen, was die sozialdemokratische Seele aushält, erreicht ist. Eine andere Grenze sehe ich heute nicht. Und diese ist erreicht."

Die Dramatik der Situation werde "kaum besser, wenn die Zuständigen und Verantwortlichen - und das sind diejenigen, die Aufschreien - ihre Hilflosigkeit rumposaunen. Was soll da der einfache Bürger denken?"

Sachsen: Proteste gegen Flüchtlingskurs der Regierung

Bei Protesten gegen den Kurs der Bundesregierung in der Flüchtlingskrise sind in Sachsen am Sonntag mehrere tausend Menschen auf die Straße gegangen. Allein in Plauen beteiligten sich rund 5.000 Menschen an einem Protestzug unter dem Motto "Wir sind Deutschland".

Rund 1.000 Menschen folgten einem Aufruf der asylfeindlichen Pegida-Organisation in Sebnitz nahe der tschechischen Grenze. Pegida-Anhänger bildeten eine Menschenkette entlang eines Teilstücks der Grenze. Größere Zwischenfälle blieben aus. In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden beteiligten sich dagegen rund 3.000 Menschen an einem Spendenlauf zugunsten einer Notfallambulanz für Flüchtlinge. Dabei seien rund 40.000 Euro gesammelt worden.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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