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Urteil: Unilever darf Hinweise auf Risiken von Becel pro.activ weiterhin leugnen - foodwatch stellt Antrag auf Entzug der Lebensmittelzulassung für cholesterinsenkende Margarine

Archivmeldung vom 01.09.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.09.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: berlin-pics / pixelio.de
Bild: berlin-pics / pixelio.de

Nach einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts darf der Nahrungsmittelkonzern Unilever wissenschaftliche Hinweise auf Risiken seines Cholesterinsenkers Becel pro.activ weiterhin leugnen. Die Richter werteten eine Aussage des Herstellers, derzufolge es bei Becel pro.activ "aus wissenschaftlicher Sicht ... keinen Hinweis" auf Nebenwirkungen gebe, als Meinungsäußerung - damit darf sie unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt verbreitet werden (Az 7 U 7/13). Eine Klage der Verbraucherorganisation foodwatch gegen die weitere Verbreitung dieser Aussage wurde in zweiter Instanz abgewiesen, ohne dass die Richter die Sicherheit der Margarine überprüft und bewertet hatten. foodwatch kündigte an, zunächst die Urteilsbegründung abzuwarten, um dann "sehr wahrscheinlich" Revision beim Bundesgerichtshof einzulegen.

Weil unverändert erhebliche Zweifel an der Sicherheit des Produkts bestehen, beantragte foodwatch zudem bei der Europäischen Kommission, der cholesterinsenkenden Margarine Becel pro.activ die Zulassung als Lebensmittel zu entziehen. Der Antrag wurde an diesem Montag an EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis übermittelt.

Matthias Wolfschmidt, stellvertretender Geschäftsführer von foodwatch, bezeichnete die Konsequenz aus dem Urteil als inakzeptabel: "Die Verbraucher sind weder vor Gesundheitsrisiken noch vor irreführenden Aussagen geschützt. Wir haben jetzt eine absurde Situation: Unilever darf öffentlich die Meinung vertreten, dass es keinen Hinweis auf Nebenwirkungen von Becel pro.activ gibt - gleichzeitig können wir belegen, dass eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Veröffentlichungen auf gesundheitliche Risiken hinweist. Das Presserecht reicht, jedenfalls nach Auffassung des Oberlandesgerichts, nicht aus, um Unilever eine Aussage zu verbieten, die nachweislich falsch und zudem gefährlich ist. Weil der Konzern offensichtlich seiner Verantwortung nicht gerecht wird und seinen Kunden weiterhin gesundheitliche Risiken zumutet, muss die Europäische Kommission reagieren. Der vorsorgende Gesundheitsschutz gebietet es, ein Produkt vom Markt zu nehmen, dessen Sicherheit so sehr in Zweifel steht."

Fakt ist: Unilever kann weder den gesundheitlichen Nutzen noch die Sicherheit von Becel pro.activ belegen. Die französische Lebensmittelsicherheitsbehörde ANSES betonte 2014, es fehle jeder Beweis dafür, dass Lebensmittel mit zugesetzten Pflanzensterinen tatsächlich Herzkrankheiten vorbeugen. Eine Reihe von Studien legt vielmehr nahe, dass die in hoher Konzentration der Margarine zugesetzten Pflanzensterine das verursachen könnten, was sie eigentlich verhindern sollen: Ablagerungen in den Gefäßen und damit ein erhöhtes Risiko auf Herzkrankheiten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte bereits 2008 betont, dass der Verzehr von Lebensmitteln mit zugesetzten Pflanzensterinen von gesunden Menschen ohne Cholesterinproblem "ausdrücklich vermieden werden sollte" und dies mit möglichen Gesundheitsrisiken begründet. Dennoch hatte Unilever unter Verwendung von Zitaten eines Wissenschaftlers im Jahr 2011 behauptet, dass es "aus wissenschaftlicher Sicht ... keinen Hinweis" auf Nebenwirkungen gebe.

Weil das Hanseatische Oberlandesgericht - wie im Jahr 2012 bereits das Landgericht Hamburg in erster Instanz - die Aussage als "Meinungsäußerung" einstufte, scheiterte die Klage von foodwatch: Als Meinung darf das Zitat verbreitet werden, egal ob es wahr ist oder nicht. Hätten die Richter das Zitat als "Tatsachenbehauptung" gewertet, wäre Unilever dagegen in der Belegpflicht gewesen.

foodwatch sieht nun die Europäische Kommission am Zug. Diese hatte auf Betreiben Unilevers im Jahr 2000 "gelben Streichfetten mit Phytosterinzusatz" wie Becel pro.activ die Zulassung als sogenanntes "neuartiges Lebensmittel" (novel food) erteilt und dabei auch auf ihre Sicherheit überprüft. In der europäischen Novel-Food-Verordnung heißt es: Neuartige Lebensmittel "dürfen keine Gefahr für die Verbraucher darstellen" (EU VO 258/97, Art. 3 Abs. 1). Zum Zeitpunkt der Zulassung lagen die heute bekannten, kritischen Studien allerdings noch gar nicht vor. Das Ergebnis der Sicherheitsprüfung ist 15 Jahre alt und bildet nicht den heutigen Stand der Wissenschaft ab. In dem foodwatch-Antrag an die EU-Kommission auf Aberkennung der Zulassung heißt es: "Die daraus resultierende Risikobewertung steht im Widerspruch zur Novel-Food-Verordnung, der zufolge ein Risiko für die Gesundheit der Verbraucher ausgeschlossen werden muss."

An Unilever erneuerte foodwatch die Forderung, das umstrittene Produkt vom Markt zu nehmen. Matthias Wolfschmidt: "Ein solcher Cholesterinsenker sollte allenfalls als Medikament mit arzneimittelrechtlicher Zulassung vermarktet werden, falls Nutzen und Sicherheit irgendwann einmal belegt werden können. Im Supermarktregal hat Becel pro.activ nichts verloren."

Informationen zu Becel pro.activ: http://tinyurl.com/becelproactiv

Unilever: Becel pro.activ gewinnt Kampf um die Herzen der Konsumenten

Das Oberlandesgericht Hamburg hat die Klage der sogenannten Verbraucherschutzorganisation Foodwatch abgeschmettert und setzt damit der Skandal-Kampagne bis auf weiteres ein Ende. Demnach darf Unilever auch in Zukunft die Aussage des renommierten Wissenschaftlers auf dem Gebiet der Fettstoffwechselstörungen, Prof. Klör, nutzen. Dies wollte Foodwatch Unilever untersagen und ist damit gescheitert.

Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Meyer sagte, dass die Klage abgewiesen werde, da es sich bei dem Zitat um eine freie Meinungsäußerung handle. Auch ein Verstoß gegen die Health Claims Verordnung liege nicht vor.

"Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung der ersten Instanz bestätigt: Foodwatch ist der klare Verlierer. Viel wichtiger aber ist: gewonnen haben die Konsumenten", sagt Merlin Koene, Kommunikationsdirektor Unilever DACH.

Becel pro.activ als sicher bewertet

Pflanzensterin-angereicherte Produkte wie Becel pro.activ sind ein gutes Konzept, um einen überhöhten Cholesterinspiegel zu senken und so einen Beitrag zu leisten, einen Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen zu reduzieren. Dies hat gerade erst im vergangenen Jahr ein Expertengremium aus 21 internationalen Wissenschaftlern bestätigt. Auf Betreiben der European Atherosclerosis Society (EAS) hat sich das Gremium mit der aktuellen Studiensituation zu Pflanzensterin-angereicherten Lebensmitteln befasst. Das entsprechende Konsensuspapier ist auf europäischer Ebene längst bekannt, nur Foodwatch weiß anscheinend nichts davon. Die von der Organisation als neu angeführten Studien, wie beispielsweise von Dr. Weingärtner, sind in diesem Papier berücksichtigt.

Erhöhtes Cholesterin ist Risikofaktor für Herzkreislauf-Erkrankungen

Wie wichtig das Thema Cholesterin ist, zeigen Daten aus dem Bundesgesundheitsbericht des Robert Koch Instituts von 2013. Demnach haben mehr als 70 Prozent der Bevölkerung ab 45 Jahre einen Cholesterinspiegel über 190 mg/dl, also einen überhöhten Cholesterinspiegel. Dieser gilt als ein wesentlicher Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen, Todesursache Nummer 1 in Deutschland. So sind im vergangenen Jahr 40 Prozent der Todesfälle in Deutschland auf ein Herz-Kreislauf-Leiden zurückzuführen. Pro Jahr bekommen 280.000 Deutsche einen Herzinfarkt, etwa 52.000 erliegen dessen Folgen.

Diese Fakten hat Foodwatch im Rahmen einer Kampagne, die wie gewohnt auf eine Skandalisierung der Lebensmittelbranche, Schlagzeilen und eine öffentlichkeitswirksame Werbung für den Verein zielt, vollkommen ignoriert.

Zu Becel pro.activ

Becel pro.activ Produkte sind ideal für Menschen, die ihren überhöhten Cholesterinwert aktiv senken möchten. Die Produkte enthalten besonders viele zugesetzte natürliche Pflanzenstoffe - so genannte Pflanzensterine. Diese Pflanzensterine können bei einer täglichen Aufnahme von ca. 2 g den Cholesterinspiegel nachweislich in nur 2-3 Wochen um 7 bis 10 Prozent senken.

Um Becel pro.activ auf den Markt zu bringen, war eine Zulassung nach der EU Novel Foods Verordnung erforderlich. Becel pro.activ war das erste Lebensmittel, das nach dem aufwändigen Verfahren, welches eine ausführliche Prüfung der Sicherheitsstudien beinhaltet, zugelassen wurde. Darüber hinaus haben die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie andere Behörden weltweit die Sicherheit von Pflanzensterinen anhand der vorliegenden Studien beurteilt und deren Verzehr als sicher bewertet, z. B. die FDA in den USA.

Quelle: foodwatch e.V. - Unilever (ots)

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