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Die Bank des Papstes

Archivmeldung vom 29.10.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.10.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Papst Benedikt XVI. (82) Bild: GoMoPa
Papst Benedikt XVI. (82) Bild: GoMoPa

Der Papst vergibt keine Kredite. Dennoch tauchen immer wieder Kreditangebote über Millionen von Euros auf, die direkt von der Vatikanbank kommen würden. Man müsse nur 15 Prozent an Vorkosten bar zu einem italienischen Herrn, meistens heißt er Rossi, in die Schweiz bringen. So mancher Geschäftsmann wurde auf diese Weise 250.000 Euro los, ohne dass anschließend auch nur ein Euro aus Rom floss.

Der Finanznachrichtendienst GoMoPa.net wollte das nun von oberster Stelle wissen und fragte direkt beim Heiligen Stuhl, bei Papst Benedikt XVI., nach, ob seine Privatbank tatsächlich Kredite vergebe und ob man bei der Bank Gottes auch ein Konto eröffnen könne.

Der Papst antwortete nicht selbst. Einer seiner Präfekten erläuterte gegenüber GoMoPa: "Das Institut für religiöse Werke, so lautet der richtige Name der Vatikanbank, ist nicht die Privatbank des Papstes, weil es keine Bank im herkömmlichen Sinne ist. Das Institut ist eine reine Geschäftsbank, die lediglich das Eigenkapital der römischen Ordensgesellschaften verwaltet. Das Institut unterhält keine Privatkonten und vergibt auch keine Kredite."

Die Abkürzung der päpstlichen Bank lautet IOR. Das steht für Instituto per la Opere di Religione. 150 Banker verwalten laut italienischen Medienberichten eine Barschaft von 3,2 Milliarden Dollar und ein Anlagevermögen von 5 Milliarden Dollar. Kunden sind Vatikanmitarbeiter, Diözesen, Klöster, kirchliche Stiftungen. Das IOR veröffentlicht weder Bilanzen noch Rechenschaftsberichte. Der Wettbewerbsvorteil ist die Geheimhaltung. Aus Vatikankreisen heißt es dazu: "Das IOR wird sich bestimmt keiner italienischen oder europäischen Bankenaufsicht beugen."

Allerdings hatte 38 Jahre lang die Geheimloge P2 das Sagen

Zu Lebzeiten konnte Monsignore Renato Dardozzi (91) gegen die übermächtige Geheimloge P2, zu der auch Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi (73) gehören soll (man fand seine Mitgliedsnummer), nichts ausrichten. Der starke Arm der unter Mussolini gegründeten angeblichen Freimauerloge reichte bis hinter die dicken Mauern des Nikolaus-Turms im Vatikanstaat in Rom, dem Sitz der Vatikanbank.

An ihrer Spitze stand 20 Jahre lang der Logen-Getreue Professor Angelo Caloia (70). Der Papst stellte ihm zwar Monsignore Dardozzi (1922-2003) als Aufpasser zur Seite, doch Dardozzi war offenbar weitestgehend machtlos und beugte sich der Schweigepflicht. Erst sein Tod im Jahre 2003 brachte alles ans Licht und führte nach einer langjährigen Aufarbeitung nun endlich zum Sturz der Freimaurer-Loge in der Vatikanbank, die seit dem Ende der 60er die Oberhand inne hatte.

Papst Joseph Ratzinger Benedikt XVI. wechselte am 23. September 2009 die gesamte Führungsriege seiner Privatbank aus und besetzte sie mit Männern, die, wie der Papst selbst, für Transparenz im Finanzwesen stehen. Grundlage dieser päpstlichen Finanzrevolte von oben war der Nachlass, den Monsignore Dardozzi nach seinem Tod im Jahre 2003 hinterließ. Die Nachlaßtreuhänder fanden in Dardozzis Tresor in der Schweiz 5.000 geheime Dokumente, die der päpstliche Aufpasser während der Bankherrschaft von Angelo Caloia penibel zusammengetragen und Blatt für Blatt in die Schweiz geschmuggelt hatte. Die Treuhänder erfüllten Dardozzis Testament, in dem er verfügte, dass sein geheimes Archiv nach seinem Tod veröffentlicht werden soll. 2007 wandten sich die Testamentsvollstrecker an den prominenten italienischen Journalisten ­Gianluigi Nuzzi. Nuzzi fuhr in die Schweiz und nahm im ­Keller eines entlegenen Bauernhofes zwei Samsonite-Koffer voller Dokumente in Empfang. Nach intensiven Nach-Recherchen veröffentlichte Nuzzi im Mai das Sachbuch „Vaticano S.p.A.“ (Die Vatikan AG). Von ihm wurden bereits in 160.000 Exemplaren verkauft.

Sein Inhalt gleicht einer Anklageschrift gegen die von der Geheimloge P2 beherrschte Privatbank des Papstes. Die Dokumente Dardozzis beweisen Geldwäsche im Dienste der Mafia, Steuerhinterziehungen, Blockade von Korruptionsermittlungen, Schmiergeldaffären und geheime Nummernkonten, wie etwa das Geld von Ex-Staatspräsident Giulio Andreotti. Oder die Schmiergelder, die der ehemalige Bürgermeister von Palermo, Mafiaboss Vito Cianciminio, bis ins Jahr 2007 auf den Konten des IOR deponierte.

Professor Tedeschi ist der neue Bank-Präsident

Angesichts der erdrückenden Beweislast kamen Bankchef Angelo Caiola und seine Mitarbeiter einer Entlassung durch den Papst zuvor und reichten ihren Rücktritt ein. Papst Benedikt XVI. nahm die Gesuche an. Neuer Präsident des IOR wurde der Wirtschaftsethik-Hochschullehrer an der katholischen Universität von Mailand und Herausgeber der Vatikan-Zeitung "L Osservatore Romano", Professor Ettore Gotti Tedeschi. Der 64-jährige war seit 1993 der Italienchef des spanischen Konzerns Banco Santander, der drittgrößten Bank Europas (Markkapitalisierung 85,2 Milliarden Euro) und seit 2006 Sponsor des Formel1-Rennstalls McLaren-Mercedes.

Tedeschi hat an der Enzyklika "Caritas in veritate" von Papst Benedikt XVI. mitgewirkt und bekräftigte in einem Interview mit seiner eigenen Zeitung, dass man dem Papst für dieses Werk den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verleihen sollte. Die Enzyklika verurteilt skrupellose Finanzjongleure und mahnt ein neues Werteverständnis der Wirtschaft und vor allem Transparenz an. Gotti Tedeschi schrieb im Jahre 2004 mit Rino Camilleri das Buch: "Geld und Paradies. Die globale Wirtschaft und die katholische Welt". Seine These: "Die Überlegenheit des Kapitalismus wird durch die christliche Moral inspiriert." An der Uni lehrt Tedeschi einen Kapitalismus mit "menschlichem Antlitz".

Armut ist für den neuen vatikanischen Bankchef eine Folge von Geburtenrückgang. Kinderreiche Familien sind seiner Ansicht nach "der Motor für wirtschaftliche Entwicklung". Tedeschi selbst ist Vater von fünf Kindern, die "alle von einer einzigen Frau" stammen, und bekannte: "Gott ist immer präsent, bei allem, was ich tue." Er sei "zu 100 Prozent Bankier, aber auch zu 100 Prozent Katholik."Laut italienischen Medienberichten ist Tedeschi der erzkonservativen katholischen Vereinigung Opus Dei eng verbunden. Der neue päpstliche Bankenboss ist allerdings kein Geheimniskrämer. Er mag öffentliche Diskussionen, und in seinen Kommentaren für seine Vatikanzeitung "L Osservatore Romano" vertritt er offen seine Meinung.

Der letzte Papst, der die Vatikanbank reformieren wollte, lebte keine 24 Stunden mehr

Möglicherweise rettet diese neue Offenheit das Leben von Papst Bendedikt XVI. Der letzte Papst, der sich mit der mächtigen im Faschismus entstandenen Geheimloge P2 anlegte, starb einen schnellen Tod. Papst Johannes Paul I. starb am 28. September 1978 nach nur 33 Tagen im Amt und keine 24 Stunden, nachdem er ankündigte, die wichtigsten Geldmanager seiner Privatbank entmachten zu wollen. Als Todesursache wurde damals offiziell ein Herzinfarkt genannt. Doch die von vielen geforderte Autopsie wurde verboten. Die Schwester, die den Toten als Erste gefunden hatte, wurde zu lebenslangem Stillschweigen verpflichtet.

Der Staatssekretär des Vatikans nahm damals alle persönlichen Habseligkeiten des Papstes sowie dessen Testament unter Verschluss - vor allem aber auch die Liste mit den angestrebten Personalentscheidungen. Dann wurde die sofortige Einbalsamierung der Leiche verfügt und somit eine Blutentnahme verhindert. Die Forderungen nach einer Autopsie wurden mit dem wahrheitswidrigen Hinweis abgelehnt, das kanonische Recht verbiete einen solchen Schritt. Der behandelnde Hausarzt, dem der Zutritt zu dem gerade Verstorbenen verwehrt wurde, teilte später mit, Johannes Paul I. habe als passionierter Bergsteiger ein gesundes Herz gehabt. Auch Kardinalstaatssekretär Jean Villot, der ihn zuletzt lebend gesehen hatte, bestätigte später, der Papst habe vor Gesundheit gestrotzt. Der Brite David A. Yallop hat den Tod des Gottesmannes in seinem Bestseller "Im Namen Gottes?" näher beleuchtet. Er sieht den Papst als Opfer eines Mordanschlages der Geheimloge P2.

Papst Paul VI. hatte Geheimloge in die Vatikanbank geholt

Der Vatikan kam in Geldnot, nachdem der populäre Papst Johannes XXIII. am 3. Juni 1963 mit 81 Jahren starb und wegen seiner zehn Gebote der Gelassenheit auch il Papa buono - der gute Papst genannt wurde. Die Spenden gingen stark zurück. Zugleich hob die italienische Republik die Steuerfreiheit für den Vatikan auf, die Diktator Mussolini der Kirche gewährt hatte. Nun war der mit seinem halben Quadratkilometer kleinste Staat der Erde keine steuerfreie Zone mehr und unterlag den italienischen Kapitalausfuhr- und Devisenbestimmungen.

Der neue Papst Paul VI. wollte am römischen Fiskus vorbei möglichst viel Geld ins Ausland schleusen. Er betraute damit zwei Personen: den US-Amerikaner Paul Casimir Marcinkus aus Chicago, der nach seiner Priesterweihe schnell in der Hierarchie des Vatikans aufgestiegen war. Und den sizilianischen Banker Michele Sindona. Dieser hatte sich mit Schwarzgeldmillionen aus dem Reptilienfonds der CIA das Wohlwollen der Kurie erkauft. Aus der Zusammenarbeit entwickelte sich der größte Finanz- und Politikskandal, den die Kirche bisher erlebt hat.

Freimaurer Marcinkus wurde Präsident des IOR

Der heimliche Freimaurer und Schwarzmarkt-Banker Marcinkus stieg 1971 zum Präsidenten der Vatikanbank auf. Die Zusammenarbeit mit CIA-Freund Sindona blieb. Hinzu kam der Banker Roberto Calvi, Chef der Banco Ambrosiano und zugleich Schatzmeister der Freimaurerloge P2. Das Trio infernale baute dank des Bankgeheimnisses der Vatikanbank ein undurchsichtiges Finanznetzwerk auf, über das schmutziges Geld geschleust wurde und das ein verzweigtes Netz an Beteiligungen erwarb. Als 1978 Paul VI. starb, wollte der neue Papst – Johannes Paul I. – Marcinkus entmachten, wobei ihm gelegen kam, dass dieser (wie sein Sekretär Donato De Bonis) als Freimaurer enttarnt wurde. Darauf steht seit dem 18. Jahrhundert die Exkommunikation. Doch Johannes Paul I. starb ja auf einmal ganz plötzlich.

Johannes Paul II. brauchte die Loge für die Finanzierung von Solidarnosc

Sein polnischer Nachfolger Johannes Paul II. stärkte den Freimaurern Marcinkus, Sindona und Calvi wieder den Rücken. Der polnische Papst schützte die Dunkelmänner, weil die ihm halfen, Gelder für Osteuropa zu besorgen – darunter fast 100 Millionen Dollar, mit denen in Absprache mit der CIA zu Zeiten des kalten Krieges die polnische Untergrundbewegung Solidarnoscz finanziert wurde.

Marcinkus starb 2006 als einziger eines natürlichen Todes

Das Trio arbeitete weiter, bis die ­Bombe platzte: Sindona ließ durch die Cosa Nostra einen Anwalt ermorden und verschuldete den Crash der Franklin Bank in den USA. 1980 wurde er dort zu 25 Jahren Haft verurteilt.

1982 ging Calvis Banco Ambrosiano bankrott und zog eine ganze Reihe Banken mit in den Abgrund. Calvi floh nach London und wurde erhängt unter der Brücke der Schwarzen Mönche gefunden. Ermordet von der Mafia, wie die Staats­anwaltschaft meinte.

Sindona überlebte den Skandal ebenfalls nicht: Er starb 1986, kurz nach seiner Überstellung nach Italien im Gefängnis an einer Tasse vergiftetem Kaffee.

Nur Marcinkus, der Präsident der Vatikanbank, ging unbeschadet durch den Skandal. Das IOR gab zwar keine Schuld zu, zahlte aber freiwillig 240 Millionen Dollar an die geschädigten Banken. Die italienische Justiz stellte 1987 einen Haftbefehl gegen Marcinkus aus – doch der Vatikan, an dessen Spitze immer noch der Pole Woytila stand, liefert ihn nicht aus, beließ ihn in der Bank und ersetzte ihn lediglich 1989 an der Spitze der Vatikanbank durch den lombardischen Banker Angelo Caloia, der bis zum 23. September 2009 Präsident der Vatikanbank IOR blieb.

Caloia galt damals als integrer Banker ohne jegliches Verständnis für kriminelle Machenschaften. Deshalb glaubte man, dass mit seinem Amtsantritt die Ära der Skandale in der Weißen Finanz zu Ende sei und nun gründlich aufgeräumt würde. ­Einer der Männer, die dafür sorgen sollten, war Monsignore Renato Dardozzi. Er wurde Caloia und Marcinkus als Aufpasser zur Seite gestellt. Doch Marcinkos Macht war zu groß. Caiola handelte bis zum friedvollen Tod Marcinkos im Jahre 2006 in dessen Auftrag. Keiner außerhalb der Bank, nicht einmal der Papst, kannte die Einzelheiten. Dardozzi hätte es dem Papst sagen müssen. Doch der Monsignore zog es vor zu schweigen. Dennoch sammelte er jahrelang Beweise.

Dardozzis Archiv, das er nun posthum der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt, zeigt detailliert, festgehalten in Tausenden Konto­auszügen, Briefen und Dokumenten: Auch nach dem Abgang von Marcinkus im Jahre 1989 blieb sein System aufrecht – nur nicht in den offiziellen Konten des IOR. Zwar änderte Johannes Paul II. die Statuten, doch weiterhin war es Privatpersonen möglich, bei der Vatikanbank IOR ein Konto zu eröffnen – unter der Bedingung, dass ein Teil des Geldes für wohltätige Zwecke gewidmet wurde. Zusätzlich entstand im Vatikan in den 90er Jahren eine parallele Offshore-Finanzstruktur, über die Schmiergelder, Steuerhinterziehung und Mafiazahlungen abgewickelt wurden. Allein in den Jahren 1991 bis 1993 liefen über die geheimen Konten, die auf Nummerncodes, Decknamen und wohltätige Stiftungen lauteten, 276 Millionen Euro.

Freimaurer De Bonis zog eine parallele Vatikanbank auf

Die zentrale Person hinter dieser parallelen Vatikanbank heißt Donato De Bonis. Der persönliche Sekretär von Paul Casimir Marcinkus, dem Skandalbanker Gottes, bekam von Johannes Paul II. einen Posten, den es eigentlich nicht mehr gab: Er wurde Prälat der Vatikanbank und somit die Nummer zwei des Instituts. Hinter dem Rücken des neuen Präsidenten Caloia und wohl in Zusammenarbeit mit dem abgesetzten Marcinkus, der bis 1997 vor der Justiz geschützt hinter den Mauern des Vatikans lebte, eröffnete er beim IOR ein Konto nach dem anderen. Der Anblick des Prälaten, der wöchentlich dicke Koffer mit Bündeln von 100.000-Lire-Scheinen in die Bank schleppte, wurde zur Normalität im wehrhaften Turm Nikolaus V., in dem die Bank ihren Sitz hat.

Die Mega-Schmiergeldaffäre

Die Vatikanbank spielte – das zeigt nun erstmals Dardozzis Archiv in allen Einzelheiten – eine zentrale Rolle in der gigantischen Schmiergeldaffäre, die in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre Italien erschütterte und unter dem Namen „Tangentopoli“ in die Annalen einging. Der Begriff steht für das gewaltige System von Korruption, Amtsmissbrauch und illegaler Parteifinanzierung, das der Staats­anwalt Antonio Di Pietro in der Operation „Mani ­Pulite“ („saubere Hände“) aufdeckte. Die ­Affäre betraf Politiker in ganz Italien und führte zu einem politischen Erdbeben: 3.200 Prozesse wurden geführt, 1.250 Personen verurteilt, mehrere nationale Politiker gerichtlich belangt. Die Folge war der Zusammenbruch der alten Parteienlandschaft und ein neues Wahlrechtsgesetz.

Vatikan blockierte Ermittlungen

Der wichtigste Fall waren die Bestechungsgelder aus dem Unternehmen Enimont, von dem aus – für die Genehmigung einer Teilung des Unternehmens – an praktisch alle Politiker des Landes Schmiergeld floss. Es wurde nicht in Koffern übergeben, sondern lief über ein kompliziertes Netzwerk von Banken. An einer davon bissen sich die Ermittler die Zähne aus: der Vatikanbank. Nun zeigt das Archiv Dardozzis, was dort hinter den Kulissen lief. Der immer noch amtierende Präsident der Vatikanbank, Angelo Caloia, wusste durchaus Bescheid, und zwar noch bevor die Ermittler auftauchten: „Sie sind dabei, uns in die Zange zu nehmen. Befreundete Quellen in der Finanzpolizei haben mich gewarnt“, schreibt er in einer Memo. Doch der Vatikan gibt halbe Antworten und legt seine Konten nicht offen. Die Schmiergelder werden über ein kompliziertes System wohltätiger Stiftungen weißgewaschen. Der polnische Papst, von Caloia in Kenntnis gesetzt, schützte den Prälaten der Bank, Donato De Bonis. Der Vatikan beschloss zu ­schweigen.

Andreottis 60 Millionen Euro: Codename „Omissis“

Der Grund für diese Vorsicht dürfte ein weiterer Politiker sein, der seine Gelder über das IOR verwaltete: Es handelt sich um Giulio Andreotti (90), seit 30 Jahren der konservative Spitzenpolitiker, mit besten Beziehungen zur Kirche – und mit zu guten Beziehungen zur Mafia, was ihn wiederholt ins Visier der Justiz brachte. Zur Zeit der Ermittlungen von „Mani Pulite“ trat Andreotti zur Wahl für das Amt des Staatspräsidenten an. Der Vatikan hatte größtes Interesse an seinem Sieg und keines an der Aufdeckung seiner geheimen Konten. Für Andreotti – Code­name in der Vatikanbank: „Omissis“ – legte De Bonis gleich eine ganze Reihe davon an. Eines davon war die „Stiftung Spellmann“. Nun ist das Gründungsdokument dieser angeblich wohltätigen Stiftung im Archiv Dardozzis aufgetaucht. „Zeichnungsberechtigt: Donato De Bonis und Giulio Andre­otti“, steht dort. Umgerechnet 60 Millionen Euro sollen über die geheimen Konten ­Andreottis bei der Parallelstruktur der ­Vatikanbank geflossen sein, recherchierte Nuzzi. Als er den Ex-Präsidenten darauf ansprach und ihm die Dokumente zeigte, meinte der schlicht: „Ich kann mich nicht erinnern, jemals ein ­Konto beim IOR besessen zu haben.“

Die unheilige Allianz mit der Mafia

Die Vatikanbank erwarb sich so einen guten Ruf als Hafen für schmutziges Geld: Sie gehört dem Papst, unterliegt keinen Regulierungen, die Einlagen sind steuerfrei. Der Vatikan hat auch nie ein Geldwäscheabkommen unterzeichnet. Kein Wunder also, dass auch die Mafia das IOR weiterhin nutzte. Dass dies noch weit über die Ära von De Bonis – der 1994 abgesetzt wurde – hinausging, zeigen nun die Aussagen eines Kronzeugen: Der Sohn des ehemaligen Bürgermeisters von Palermo, Mafiaboss Vito Cianciminio, begleitete seinen Vater bei dessen Gängen ins IOR. Nun sagte er aus, dass die Schmiergeldzahlungen, die sein Vater für öffentliche Aufträge in Palermo kassierte, sämtlich in der Vatikanbank gebunkert wurden. Von diesen Konten, so Massimo Ciancimino, gingen zeitweise 20 Prozent der Eingänge an den „capo dei capi“ Toto Riina. Die letzte Transaktion auf ein Konto der Vatikanbank, sagt der Kronzeuge, ist nun gerade einmal zwei Jahre her.

Deutscher Papst räumt auf

Der Vatikan hat zu den Enthüllungen des ehemaligen Beraters seines Staatssekretariats bisher eisern geschwiegen. Doch hinter den Kulissen brodelt es: Papst Benedikt XVI. nimmt die Gelegenheit sogar gerne wahr, mit der alten Riege der Vatikanfinanz aufzuräumen. In seiner Enzyklika „Caritas in Veritate“ hat der Papst – wohl inspiriert durch die Finanzkrise – zu Transparenz auf den Finanzmärkten aufgerufen. Nun muss er beweisen, dass er in seiner eigenen Bank dazu imstande ist. Erstes Opfer ist jener Mann , der schon 1989 mit dem Vorsatz der Transparenz angetreten ist: der nun am 23. September 2009 vorzeitig abgelöste Vatikanbank-Präsident Angelo Caloia,.

„Wären diese Dokumente damals öffentlich geworden, wäre ich nie zurückgetreten – und die Geschichte Italiens hätte anders ausgesehen“, kommentierte Antonio Di Pietro, der Staatsanwalt der Anti-Korruptions-Ermittlungen „Mani Pulite“ in den 90er Jahren und heutige Oppositionspolitiker gegen den mutmaßlichen Freimaurer Silvio Berlusconi.

Der neue Bankchef gehört zur Elitetruppe des Vatikans Opus Dei

Und dass der Papst trotz seines Aufräumens noch lebt, könnte auch noch einen anderen Grund haben. Der von ihm ernannte neue Bankchef Ettore Gotti Tedeschi gehört italienischen Medienberichten zufolge dem einflussreichen und gefürchteten erzkatholischen Orden Opus Dei (Das Werk Gottes) an. Die Organisation, die den dornenreichen Weg der Selbstheilung im Alltag aller Christen predigt, ist ein 1928 von dem Priester Jose Maria Escriva de Balguer gegründeter katholischer Laienorden und stieg in 50 Jahren seines Bestehens zur einflußreichsten Organisation in der katholischen Hirarchie auf. In einigen Ländern, besonders in Spanien, errang der Orden auch Einfluß in der Wirtschaft und Politik. Es ist ein propagiertes Ziel von Opus Dei, die Gesellschaft zu infiltrieren und als "Elite Gottes" auch Machtpositionen anzustreben. Hauptziel ist dabei die Kontrolle des römisch-katholischen Zentrums in Rom. 

Quelle: GoMoPa (Siegfried Siewert)

 

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