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Ex-Hartz-IV-Bezieherin kriminalisiert

Archivmeldung vom 05.09.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 05.09.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Landesarbeitsgemeinschaft Hartz IV muss weg! Bayern berichtet in einer Mitteilung über eine Ex-Hartz-IV-Bezieherin, die aufgrund falscher Behauptungen Opfer einer polizeilichen Hausdurchsuchung wurde.

Wer in Deutschland einmal Arbeitslosengeld II (ALG II) bezogen hat, muss damit rechnen, sehr schnell als krimineller Betrüger behandelt zu werden. Diese Erfahrung mussten Hanne L. (Name geändert) und ihr Untermieter vor einigen Tagen machen. Sie wurden Opfer einer polizeilichen Hausdurchsuchung, die aufgrund falscher Behauptungen bei ihnen durchgeführt wurde.

Vor gut einer Woche standen drei Männer vor Hanne L.'s Tür und begehrten in harschem Ton Einlaß, weil sie eine Hausdurchsuchung durchführen wollten. Erst nach einiger zeitlicher Verzögerung wiesen sich die drei zivil gekleideten Herren, die auch in einem zivilen PKW gekommen waren, als Polizisten aus. Und erst als sie nach massivem Drohen eingelassen worden waren, zeigten sie den Durchsuchungsbeschluss. Darin steht zu lesen:

"Ermittlungsverfahren gegen Hanne L. ... wegen Betrugs --- Nach §§ ... wird ... ohne vorherige Anhörung die Durchsuchung der Person, der Wohnung mit Nebenräumen, der Fahrzeuge der Beschuldigten Hanne L. ... nach folgenden Gegenständen angeordnet: schriftliche Unterlagen, die ein eheähnliches Zusammenleben der Beschuldigten mit Norbert N. bestätigen oder widerlegen sowie Feststellung der Wohn- und Wohnungsverhältnisse. Die Beschlagnahme der o.g. Gegenstände wird angeordnet. Gründe: Aufgrund der bisherigen Ermittlungen besteht folgender Verdacht: Die Beschuldigte bezieht seit [Ende April] 2007 Sozialleistungen von der ARGE Forchheim, obwohl sie mit Norbert N. in einer Bedarfsgemeinschaft lebt und somit - wie sie weiß - keinen Anspruch auf ALG II hat. ... Dies ist strafbar nach § ... StGB. ... Die Durchsuchung und Beschlagnahme steht in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat"

... Happig [Name geändert], Richter am Amtsgericht [Bamberg]"

Diese von der Staatsanwaltschaft Bamberg in die Wege geleitete "Maßnahme" hat jedoch einen entscheidenden Haken: Hanne L. erhielt ALG II letztmals für Februar 07. Seit April 07 hat sie wieder ein versicherungspflichtiges Einkommen, das sie unabhängig von ALG II macht. Die Zeiten des ALG II-Bezugs sind seit mehr als zwei Jahren längst vorbei, worüber auch eine schriftliche Bestätigung der zuständigen ARGE vorliegt. Obwohl der Staatsanwalt, der die Maßnahme beantragt hatte, und der Richter, der sie genehmigt hatte, auf die Unrichtigkeit der Begründung hingewiesen wurden, fand die Durchsuchung statt.

Und noch etwas war geschehen. Die Polizisten haben auch untervermietete Räume durchsucht. Dazu wurde - obwohl dem Staatsanwalt wie dem Richter die Unrichtigkeit des Tatvorwurfs mitgeteilt worden war - der Durchsuchungsbeschluss mündlich erweitert. Der Untermieter, der Probleme mit dem Herzen hat, erlitt daraufhin einen Kollaps und musste nach notärztlicher Versorgung mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden.

Kommentar von Hanne L.: "Ich streite mich seit dem Frühjahr 2007 vor einem Sozialgericht mit der ARGE noch um Leistungen für den März 2007 und Zeiten davor. Aber die Sache ging nicht voran, wogegen ich kürzlich vorgegangen bin. Statt einer Entscheidung des sachlich zuständigen Gerichts werden falsche Behauptungen aufgestellt und dann mit der Staatsmacht vorgegangen. Das Ganze kommt mir daher wie ein Rachefeldzug unseres sogenannten Sozialstaats gegen unbescholtene Bürger vor, die ja nur möchten, dass sie nach unseren Gesetzen behandelt werden. Sie werden als aufmüpfige Bürger angesehen. Schon bist du in Nullkommanix kriminell. Und das kann jedem passieren, der einmal in finanzielle Not und Abhängigkeit von einer ARGE geraten ist."

Ganz Unrecht hat Hanne L. wohl nicht. Sie hat sich zwar von der ARGE und anderen Behörden nicht alles bieten lassen, was dort üblich zu sein scheint. Aber ist das nicht ihr gutes Recht in einem Rechtsstaat? Hanne L. und die Geschehnisse im Landkreis Forchheim sind schon lange kein Einzelfall mehr. Hartz-IV-Bezieher - ob aktuelle oder ehemalige - sind in ganz Deutschland zigtausendfach der Gefahr ausgesetzt, als "arbeitsscheu", Absahner" und "Betrüger" abgestempelt zu werden - als "Kriminelle" eben. 

Quelle: Landesarbeitsgemeinschaft Hartz IV

 

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