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Verdacht gegen Deutschlands größten Radiologen

Archivmeldung vom 13.02.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.02.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Fragezeichen & Ahnungslos (Symbolbild)
Fragezeichen & Ahnungslos (Symbolbild)

Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de

Der Gründer des Radiologen-Netzwerks Med 360° AG, Winfried Leßmann, steht im Verdacht, sich unrechtmäßig an Kontrastmitteln bereichert zu haben. Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung hat er jahrelang Kontrastmittel-Rezepte an seine Ehefrau weitergeleitet. Sie verdiente damit Millionen. Die Krankenkasse KKH hat nun Strafanzeige erstattet. Sie sieht einen Anfangsverdacht für Betrug und Korruption.

Zu der Med 360° gehören Arztpraxen und Kliniken in mehr als zwanzig deutschen Städten. Nach eigenen Angaben behandeln angestellten Ärzte dort mehr als 700.000 Patientinnen und Patienten im Jahr, überwiegend in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Bayern und Baden-Württemberg.

Winfried Leßmann hält sein Vorgehen für legal. In einem Interview mit dem ARD-Magazin "Panorama" sagte er, dass die Kontrastmittel-Rezepte seiner Med 360° "bis Ende 2016" an die Firma seiner Frau flossen. Sie konnte als Großhändlerin die Mittel bei Pharmafirmen günstig einkaufen und bei den Kassen zum Listenpreis abrechnen. Nach firmeninternen Dokumenten, die NDR, WDR und SZ vorliegen, konnten Händler in der Zeit vor 2016 zum Beispiel das häufig verwendet MRT-Kontrastmittel Dotarem für 1000 Euro pro Liter vom Hersteller Guerbet bekommen, während die Krankenkassen ihnen dafür 6000 Euro pro Liter erstatteten.

In den Jahren 2012 bis 2016 machte die Firma von Leßmanns Ehefrau Dagmar Diwo-Leßmann im Schnitt einen Gewinn von drei Millionen Euro im Jahr - bei gerade mal drei Mitarbeitern. Wie hoch dabei der Anteil an dem Kontrastmittelgeschäft war, hat Diwo-Leßmann, die auch Geschäftsführerin der Firma ist, auf Anfrage nicht beantwortet. Stattdessen antwortete im Auftrag ihrer Firma Radiomed ein Rechtsanwalt und teilte mit, dass jedes "namentliche Anprangern unserer Mandantin rechtswidrig" wäre. "Sollten Sie in Ihrem geplanten Bericht den Eindruck erwecken, zwischen unserer Mandantin und der Med 360° AG habe es geschäftliche Vorgänge gegeben, die rechtlich nicht einwandfrei gewesen seien, behalten wir uns schon jetzt alle Ansprüche, einschließlich des Anspruchs auf Schadensersatz vor", teilt der Anwalt weiter mit.

Juristen bezweifeln die Position der Leßmanns jedoch. So hält es die Chefermittlerin der Krankenkasse KKH, Dina Michels, für "hochproblematisch", wenn ein Arzt seine Rezepte an einen Großhändler gibt, hinter dem seine Frau steht. "Die Ärzte sollen ja nicht an ihren eigenen Verordnungen verdienen. Und wenn sie dieses Geschäft über die Ehefrau machen, dann verdienen sie über diese Verbindung eben doch wieder an den eigenen Verordnungen."

Leßmann hingegen sagt, dass er selbst schon seit zwanzig Jahren keine eigenen Verordnungen mehr ausstellt, sondern seine angestellten Ärzte, die frei seien in der Auswahl der Kontrastmittel. Das Argument hält die KKH-Chefermittlerin aber nicht für stichhaltig. "Wenn die Ärzte, die die Verordnung unterschreiben, seine angestellten Ärzte sind, dann ist diese Verordnung auch immer Dr. Leßmann zuzuordnen", sagt Michels. Auch der ehemalige Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof, Thomas Fischer, sieht das so: "Die Umgehung wird nicht dadurch aufgehoben, dass andere die Rezepte unterschrieben haben. Es geht ja darum, wer die Rezepte auf welche Weise einlöst."

Vor vier Jahren hat das Landgericht Hamburg im so genannten Hanserad-Prozess einen Großhändler verurteilt, der die Gewinne aus dem Kontrastmittelgeschäft dem Arzt zukommen ließ, der ihm die Rezepte gegeben hat. Und im Jahr 2017 stellte der Bundesgerichtshof in einem Urteil fest, dass ein Großhändler einen Arzt "nicht gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Verordnung von Kontrastmitteln beteiligen darf".

Die regional für Leßmann zuständige AOK Rheinland/Hamburg wollte auf Anfrage weder beantworten, wie viel Geld sie in den Jahren 2012 bis 2016 an die Großhandelsfirma von Frau Leßmann gezahlt hat, noch wollte sie mitteilen, ob sie jemals geprüft hat, wer hinter der Firma steckt.

Die Firma Guerbet hat Fragen zu den Kontrastmittellieferungen an Radiomed und den Konditionen nicht beantwortet. Mehr zum Thema heute Abend in "Panorama" um 21.45 Uhr im Ersten. Weitere Informationen unter www.DasErste.de/panorama

Quelle: NDR / Das Erste (ots)

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