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Börsen-Zeitung: In der Kryptoparallelwelt

Archivmeldung vom 03.03.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.03.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Es ist noch eine Parallelwelt, in der sich sogenannte Kryptoassets und etablierte Anlageklassen bewegen. Dies zeigte sich auf der Kryptoassetkonferenz der Frankfurt School of Finance, die Ende Februar in der Mainstadt veranstaltet wurde. Im Kryptohype wird munter vieles gemischt: libertäre Ideen, die auf eine Entmachtung bestehender Institutionen - insbesondere Notenbankmonopole - hinzielen, verbunden mit Charakteren einer Jugendbewegung wie eigene Sprache, Logik und Symbolik, angereichert mit Profit- und Spekulationsmöglichkeiten sowie dem Gefühl, nach der ersten Internetrevolution um die Jahrtausendwende nun Teilhaber an der nächsten digitalen Entwicklungsstufe der Menschheit, der Kryptorevolution, zu sein.

In Verbindung mit der komplexen Technologie macht dies eine Einschätzung schwierig. Bisher ist die Kryptowelt für Finanzmarktakteure noch unproblematisch. Kryptoassets seien bisher zu 0 Prozent mit der realen Welt verbunden, sagt etwa der Blockchain-Experte Philip Sandner von der Frankfurt School. Dass trotz des Parallelweltcharakters Auswirkungen in der realen Welt zu erwarten sein könnten, ist unter anderem aber daran ablesbar, dass J.P. Morgan in ihrem Jahresbericht ein neues Risiko aufgenommen hat: Durch Technologien wie Kryptowährungen könnten Zahlungsprozesse und andere Dienstleistungen aufgemischt werden. J.P. Morgan selbst investiert übrigens jährlich einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in Fintechs und arbeitet an dezentralen Zahlungssystemlösungen.

Nun wird aber auch vermehrt dafür getrommelt, Kryptoassets als eine neue Assetklasse zu betrachten; also Kryptowährungen wie Bitcoin, Ripple, Dash usw. sowie Initial Coin Offerings (ICOs), die Ausgabe digital verbriefter Ansprüche auf Kryptowährungen, auf Erlöse oder Eigentum aus Blockchain-Projekten. Vor dem Hintergrund exorbitanter Kurssteigerungen von Bitcoin & Co. im Jahr 2017 schwingt oft implizit mit: Zu erwarten sind hohe Ertragschancen. "Das internationale Kapital beginnt aufzuwachen", sagte in Frankfurt etwa der frühere russische Hedgefonds-Manager Gregory Klumov von Stasis, einem Unternehmen, das die "weltweit erste echte Digitalwährung" in Form eines auf dem Euro basierenden Token - einen Krypto-Euro - ausgeben will. Diese digitalen Replikate auf bestehende Währungen sollen die von Notenbanken ausgegebenen, gesetzlich anerkannten Währungen spiegeln. Gestartet werden sollen die Stasis-Analogwährungen auf der Blockchain in Kasachstan beziehungsweise dem Astana International Financial Centre sowie in Malta. Denn dort sei es höchst wahrscheinlich, dass digitale Assets legalisiert würden, heißt es.

Aus einer traditionellen, risikobewussten Anlageperspektive betrachtet bergen Kryptoassets heute vor allem eins: ein - wohl ziemlich oft leeres - Versprechen. Technisch überzeugende Aspekte wie eine sofortige, globale, eindeutige Vertragserfüllung mit fälschungssicherer Zuordnung von Kryptoassets genügen nämlich noch nicht als Beweis für den Wert dieser Assets. Die Form macht es eben nicht. Doch selbst diese Einschätzung ist umstritten: So sagt Martin Diehl, Leiter des Bereichs Zahlungsanalyse der Bundesbank, es gebe keinen inhärenten Wert von Kryptowährungen - er spricht dabei von Kryptotoken. Diehl vergleicht diese Token mit Fahrchips, um die Achterbahn auf dem Oktoberfest nutzen zu können.

Nicht nur wird damit offensichtlich, dass die Bundesbank eine komplett andere Sprache spricht als Blockchain-Enthusiasten. Es wird auch aneinander vorbeigeredet: Letztere wollen nicht verstehen, warum eine von Notenbanken geschaffene Währung einen inhärenten Wert haben soll. Diehl lässt sich klugerweise dabei eine Hintertüre offen: Ein Nutzungsrecht für ein dezentralisiertes, nicht zensurierbares System könne "etwas Wert" schaffen, sagt er. Sogenannte Kryptowährungen wären also nichts anderes als ein Nutzungsrecht für die ihnen zugrundeliegende Datenbank.

Welcher Wert Kryptoassets zugeschrieben wird, spielt aus Systemstabilitätsgesichtspunkten heute noch kaum eine Rolle, wegen ihrer geringen Verflechtung mit dem übrigen Finanzsystem. Doch gerät ein Markt in Bewegung: Rund 250 Kryptofonds seien in der Mache, ist zu hören. In zwei Wochen sind mindestens sieben Fonds aufgelegt worden, die rund 360 Mill. Dollar an Wagniskapital einsammeln und etwa in ICOs oder Blockchain-Projekte investieren wollen. Und Beobachter erwarten, dass bis Ende 2018 auch in Deutschland eine Bank Bitcoin-Geldautomaten aufstellt.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Dietegen Müller

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