Wiesbadener Kurier: Kommentar zu Metall-Abschluss
Archivmeldung vom 05.05.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEines zeigt der rasche Durchbruch bei Metall: Wie stark eine Gewerkschaft ist, hängt nicht von der Schwäche, sondern im Gegenteil von der Stärke der Unternehmerseite ab. Weil die Metall- und Elektrobranche so boomt, weil ein Streik angesichts voll ausgelasteter Werke und prall gefüllter Auftragsbücher so großen Schaden angerichtet, so viel Gewinn vernichtet hätte, deshalb hat die IG Metall eine Vier vor dem Komma beim Tarifabschluss durchsetzen können.
Das können die Gewerkschaft und vor allem die Arbeitnehmer als großen
Sieg verbuchen. Nach Jahren der Zurückhaltung bringt der hohe
Abschluss eine angemessene Beteiligung an den Unternehmensgewinnen
und stärkt über die Erhöhung der Kaufkraft auch die Konjunktur
insgesamt. Das gilt freilich nur unter der Prämisse, dass die
Betriebe den erheblichen Kostenzuwachs verkraften und im globalen
Wettbewerb nicht wieder zurückfallen. Erst wenn die nach der Einigung
erstellte optimistische Arbeitgeber-Prognose für weiteres Wachstum
auch bei den Arbeitsplätzen zutrifft, kann von einem Erfolg für alle
Seiten die Rede sein.
Die Metall-Zahlen nun als Maßstab für die gesamte Tarifrunde 2007 zu
nehmen, ginge freilich in die völlig falsche Richtung. Was
Wachstumsmotoren wie Metall und Chemie sich leisten können, gilt für
sich mühsam berappelnde Branchen wie Druck oder Handel gewiss nicht.
Was bei dem Starken Kaufkraft schafft, kann bei dem Schwächeren
genauso schnell Kaufkraft vernichten, nämlich Arbeitsplätze. Man darf
also nur hoffen, dass der gestrige Abschluss nicht anderswo
überzogene Erwartungen und falsche Kampfeslust weckt. Dann hätte
Metall doch ein schlechtes Signal für den Aufschwung in Deutschland
gegeben.
Quelle: Pressemitteilung Wiesbadener Kurier