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BERLINER MORGENPOST: Ein paar Euro mehr lösen die Hartz-Probleme nicht

Archivmeldung vom 21.09.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.09.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Hartz-IV-Satz soll erhöht werden und dann jährlich steigen. Für mehr als 600.000 Menschen in Berlin ist das zunächst mal eine gute Nachricht. Der Bundesregierung bleibt kaum etwas anderes übrig. Wer behauptet, die bisher 359 Euro Regelsatz seien nicht Resultat einer politischen Entscheidung über das, was der Staat seinen Armen zukommen lassen will, sondern Ausfluss einer rationalen Kalkulation, muss diese Leistung auch irgendwann veränderten Bedingungen anpassen. Ein paar Euro mehr seien den Menschen gegönnt. Im Grundsatz wird das jedoch wenig ändern.

Regelsatz plus Miete und Versicherung reichten schon bisher für ein bescheidenes und diszipliniertes Leben, zumal im armen Berlin. Wenn die aufgeregte Soziallobby behauptet, man könne mit Hartz IV seine Kinder nicht anständig ernähren, ist das ein Affront gegen die Hunderttausenden, die genau das jeden Tag in Würde schaffen. Und gegen diejenigen, die mit Arbeit nicht viel mehr bekommen, sowieso. Niemand möge sich jedoch Illusionen hingeben: Der Frust über Hartz IV wird nicht schwinden. Die wenigsten Langzeitarbeitslosen erwarten von der Abgaben zahlenden Gemeinschaft eine Alimentierung auf üppigerem Niveau. Aber sie erwarten, dass sie ernst genommen werden. Genau das geschieht in den Jobcentern, die die Arbeitsfähigen unter den Hartz-IV-Beziehern betreuen sollen, eben viel zu selten. Der Unmut über sinnlose Beschäftigungsmaßnahmen und den x-ten Qualifizierungskurs ist verbreitet. Im Jobcenter Mitte ergab eine interne Prüfung, dass ein hoher Anteil von geförderten Jobs unrechtmäßig vergeben wurde. 100.000 Klagen sind bei Berlins Sozialgerichten eingegangen, seit es Hartz IV gibt. Das heißt, jede vierte Bedarfsgemeinschaft hat sich schon an ein Gericht gewandt. Das mussten sie, weil die Verheißung der Hartz-IV-Gesetze, jeder sollte einen persönlichen "Fallmanager" haben und mit ihm individuell seine Probleme besprechen können, nie eingelöst wurde. Im Jobcenter kann man noch nicht mal anrufen, um zu seinem Bescheid eine Frage loszuwerden. So endet jede zweite Klage zumindest mit einem Teilerfolg der Arbeitslosen, weil die Behörde fehlerhaft gearbeitet hat. Natürlich gibt es Arbeitslose, die machen es sich bequem. Natürlich darf eine Behörde Leute sanktionieren, die nicht mitziehen. Aber die Legitimation für solches Fordern wäre größer, wenn es mit dem Fördern besser funktionierte. In den Jobcentern zeigt sich immer noch ein Staatsversagen, das besser organisierte Gruppen der Gesellschaft als Langzeitarbeitslose niemals hinnehmen würden. Wenn Arbeitsministerin Ursula von der Leyen die Missstände in der Praxis nicht behebt, zielt sie am Kern des Problems vorbei.

Quelle: BERLINER MORGENPOST

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