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Börsen-Zeitung: Unsichere Zeiten

Archivmeldung vom 26.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Zeiten sind ungewiss. Das zeigt sich an der Erwartung der Investoren über die künftige Entwicklung des Dax. Am Freitagnachmittag betrug die Put-Call-Ratio auf den Index an der Terminbörse Eurex 1,2. Fast die Hälfte der Terminmarktteilnehmer glaubt also an steigende Kurse und setzt auf Calls, eine leicht größere Gruppe sieht in den kommenden Monaten eher einen schwächeren deutschen Leitindex und kauft Puts, also Verkaufsoptionen.

Nicht viel anders sieht es an der weltgrößten Terminbörse in Chicago aus: Hier lag die Put-Call-Ratio am Donnerstag nach Handelsschluss bei 0,82, es gibt also jenseits des Atlantiks auch nicht viel mehr Optimisten als hierzulande.

Die Vorsicht der Anleger ist berechtigt. Vor allem von Seiten der Konjunktur drohen den Märkten neue Nackenschläge, gleichzeitig ist aber nicht auszuschließen, dass die Welt im zweiten Halbjahr solides Wachstum erlebt. Die Experten streiten, wie die Weltwirtschaft reagiert, wenn die Konjunkturprogramme der Staaten auslaufen. Völlig unklar ist, ob sich die Verspannungen am Geldmarkt weiter verschärfen und irgendwann die Kreditvergabe und damit die Konjunktur abwürgen.

Überhaupt das Thema Banken: Welche Risiken schlummern noch in den Bilanzen, welche Auswirkungen hätte der Kredit-Default eines europäischen Landes auf die Bankbilanzen und auf das Finanzsystem? Auch viele sonst meinungsfreudige Analysten geben sich in diesen Tagen vorsichtig, wenn es um diese Fragen geht. Sicher sei nur, dass die Volatilität zunehme, heißt es dann. Aber was soll der Anleger mit dieser Info anfangen?

Tatsächlich können negative Nachrichten am Aktienmarkt auch befreiend wirken, vor allem wenn sich zeigt, dass das System trotz neuer Schockwellen nicht in sich zusammenstürzt. Sollte Griechenland in den kommenden Wochen oder Monaten bekannt geben, dass es einen Teil seiner Schulden doch nicht begleichen wird, kann das durchaus positiv auf die Aktienbörsen wirken, nach dem Motto: Endlich ist es vorbei! Es wäre nicht das erste Mal, dass die Märkte den tatsächlichen Eintritt eines lange antizipierten Negativ-Ereignisses für eine Hausse nutzen. Wiederholt ließ sich das bei Kriegsausbrüchen beobachten, aber auch im Fall der US-Tabakfirmen Ende der neunziger Jahre.

Im Jahr 1998 hatten sich die vier größten Tabakkonzerne der USA mit den Generalstaatsanwälten von 46 Bundesstaaten darauf geeinigt, dass die Unternehmen in den folgenden 25 Jahren einen Mindestbetrag von 206 Mrd. Dollar zahlen müssen. Es dauerte noch einmal gut zwei Jahre, bis alle Einspruchsmöglichkeiten endgültig begraben waren. Der Aktienkurs von Philip Morris halbierte sich in dieser Zeit der Ungewissheit. Als offizielles endgültiges Zustimmungsdatum gilt der 30. Juni 2000. An diesem Tag schloss die Aktie von Philip Morris bei 6,1481 Dollar. Obwohl die Strafe als überaus hart empfunden wurde, wirkte die endgültige Klärung des Rechtsstreits auf die Börsianer befreiend: Philip Morris legten bis Jahresende um 40% zu auf 10,18 Dollar, und das in einem Zeitraum, in dem der S&P500 um 10% zurückging.

Ein Default Griechenlands muss auf die Aktienmärkte also nicht negativ wirken, wenn daraus keine neue Bankenkrise erwächst. Dazu kommt derzeit eine Reihe positiver Nachrichten: China lässt den Yuan aufwerten, was etwa dem Export der Eurozone einen zusätzlichen Gewinnschub verleihen dürfte, zusätzlich zum ohnehin schwächelnden Euro. Das Gemeinschaftsgeld dürfte auch in den kommenden Wochen weiter an Wert verlieren. Dafür spricht einerseits die Charttechnik. Andererseits gehen die meisten Marktteilnehmer derzeit davon aus, dass die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in den Zinserhöhungszyklus einsteigen wird. Neben der Schuldenkrise in Euroland stützt den Dollar derzeit also ein Zinsvorteil, was wiederum Eurolands Exporteuren nutzt.

Für die Aktienkurse wird auch entscheidend sein, wie die anstehende Berichtssaison läuft. Am kommenden Mittwoch endet das zweite Quartal, am 12. Juli wird der US-Konzern Alcoa traditionsgemäß als erstes Schwergewicht seine Ergebnisse über den Zeitraum April bis Juni vorlegen. Was Alcoa mitteilen wird, ist freilich noch ungewiss.

Quelle: Börsen-Zeitung

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