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Mittelbayerische Zeitung: zur Verschwendung von Lebensmitteln

Archivmeldung vom 21.09.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.09.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Um sich die wahre Dimension des Wahnsinns vorzustellen, den unsere Wegwerfgesellschaft Tag für Tag produziert, muss man nur zwei Nachrichten miteinander in Verbindung bringen. Die erste kommt von den Vereinten Nationen und dürfte vielen Europäern den Appetit verschlagen: Zur Bekämpfung des Hungers in der Welt empfehlen die UN-Fachleute den Menschen, künftig ihren Speiseplan mit Insekten zu bereichern.

Die zweite Nachricht stammt von deutschen Experten: Sie besagt, dass allein in der Bundesrepublik jedes Jahr bis zu 20 Millionen Tonnen oft völlig einwandfreier Lebensmittel einfach auf den Müll geworfen werden. Wir sollen also künftig Heuschrecken und Käfer vertilgen, obwohl ganze Berge von Obst, Gemüse und Brot auf dem Abfall landen - in unserer Wohlstandsgesellschaft spielt sich ein Irrsinn im XXL-Format ab. Die Tatsache, dass wir ziemlich achtlos mit unserer Nahrung umgehen, ist nicht neu. Aktuell wird jetzt wieder über dieses Thema diskutiert, weil ein Dokumentarfilm mit aufrüttelnden Bildern die sattsamen Widersprüche unserer Überflussrepublik sichtbar macht. Doch seit vielen Jahren schon, vor allem wenn das Weihnachtsfest naht, prangern Politiker und Geistliche unsere Verschwendungssucht an - völlig zu Recht angesichts der zahllosen Hungernden in der Welt. Was viele Verbraucher dann aber nicht daran hindert, den Festtagsbraten wieder eine Nummer zu groß zu kaufen. Was davon übrigbleibt, landet später nicht selten im Mülleimer. Mit dem Argument, man könne die Reste der Weihnachtsgans ja nicht im Päckchen nach Afrika schicken, mag der eine oder andere sein Gewissen beruhigen. Das funktioniert aber spätestens dann nicht mehr, wenn man den wahren Preis für unsere Wegwerfgesellschaft benennt. Diesen Preis bezahlen auch die Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Etwa dadurch, dass dort auf riesigen Monokulturen Futtersoja für die industrielle Viehmast in den USA, in Europa und zunehmend auch in Asien angebaut wird, um den wachsenden Fleischhunger in den reichen Nationen zu stillen. In den armen Ländern bekommen die Menschen das gleich doppelt auf schlimme Weise zu spüren: Zum einen werden Kleinbauern und Selbstversorger von nimmersatten Großgrundbesitzern kurzerhand versklavt oder von ihren Feldern in die Slums der Städte verjagt. Zum anderen verschwinden zunehmend die Ackerflächen für die Versorgung der eigenen Bevölkerung, was dort die Nahrungsmittel dramatisch verteuert. Der zweite Preis, den wir alle bezahlen, ist von moralischer Natur. Es ist ein zum Himmel stinkender Skandal, dass wir mehr Lebensmittel wegschmeißen oder vergammeln lassen, als nötig wäre, um alle Menschen auf der Welt ausreichend zu ernähren. Dieser Wahnsinn hat Methode und wird auch noch von der EU mit Steuergeldern subventioniert. Tonnenweise landen Kartoffeln gleich vom Acker weg auf dem Müll, weil sie ein paar Flecken haben. Und Gurken werden aussortiert, weil sie nicht wie mit dem Lineal geradegezogen sind. Der Handel wiederum muss Berge von Lebensmitteln aus dem Verkehr ziehen, weil sich die Verbraucher den Supermarkt wie ein Schlaraffenland wünschen. Doch je mehr verschiedene Produkte im Regal stehen, desto mehr wird letztlich weggeworfen, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft. Es liegt nicht nur in der Hand der Politiker, die Wegwerfgesellschaft auf den Müll zu wünschen. Jeder Bürger kann seinen ganz persönlichen Beitrag leisten, wenn er beim Einkaufen das Köpfchen einschaltet. Eine Abstimmung per Einkaufswagen wirkt sich nämlich direkt auf das Konsumangebot aus. Wenn wir uns aber nicht ändern, wird die Natur auf ihre unerbittliche Art antworten. In gleichem Maße wie der Hunger auf der Welt nehmen nämlich in den reichen Ländern lebensbedrohliche Zivilisationskrankheiten wie Diabetes zu. So frisst sich die Überflussgesellschaft dann tatsächlich zu Tode.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)

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