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Börsen-Zeitung: Gefangen in der Guidance

Archivmeldung vom 08.03.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.03.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Jetzt ist es quasi amtlich: Mario Draghi wird in die Notenbank-Annalen als erster EZB-Präsident eingehen, in dessen Amtszeit die Leitzinsen im Euroraum nicht erhöht wurden. Mit seinem neuen Zinsausblick (Forward Guidance) schließt der EZB-Rat de facto für 2019 eine Anhebung der rekordniedrigen Sätze aus.

Draghi scheidet aber Ende Oktober aus. Das Problem an der gestrigen Entscheidung, zu der auch neue Langfristkredite (TLTRO) gehören, ist aber weniger dieses Schicksal des Italieners. Das Problem ist vielmehr, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren extremen Krisenmodus weiter zementiert.

Sicher, es hätte gewiss auch noch schlimmer kommen können. So war in der Diskussion, eine Zinserhöhung gar schon bis zum Frühjahr 2020 auszuschließen. Zudem gab es wohl Überlegungen, beim neuen TLTRO-Programm noch großzügiger zu sein und etwa auf einen variablen Zins für die Kredite zu verzichten. Das mag neben den deutlich nach unten geschraubten Wachstumsprognosen auch für die Hardliner im EZB-Rat ein Grund gewesen sein zuzustimmen. Trotzdem ist die Entscheidung fragwürdig, bedenklich und gefährlich.

Die Entscheidung ist fragwürdig, weil es um die Euro-Wirtschaft gar nicht so schlecht steht, wie derzeit oft der Eindruck erweckt wird. Was, wenn es bald eine Einigung in den Handelsstreitigkeiten gibt und ein harter Brexit verhindert wird? Dann kann sich die Stimmung schnell wieder drehen und die darbende Euro-Wirtschaft einen Schub bekommen. Die EZB wäre aber gefangen in ihrer Forward Guidance.

Die Entscheidung ist bedenklich, weil Draghi selbst einräumt, dass die Risiken primär von außerhalb der Eurozone drohen, auf die die EZB keinen Einfluss hat. Überhaupt erscheint nach all den Jahren ultralockerer Geldpolitik zweifelhaft, was neue Lockerungen noch bewirken.

Und schließlich ist die Entscheidung gefährlich, weil sie als Panik ausgelegt werden kann (und teils wird) und weil sie Begehrlichkeiten weckt. Am Donnerstag gab es bereits Fragen nach einer Neuauflage der Nettoanleihekäufe (Quantitative Easing).

Die EZB läuft Gefahr, dass sie das Schicksal der Bank of Japan ereilt, die seit Jahren nicht aus den Null- und Negativzinsen und den breiten Wertpapierkäufen herausfindet. Um eine "Japanisierung" des Euroraums zu verhindern, muss aber auch die Politik endlich mitmachen - mit kluger Fiskalpolitik, entschlossenen Strukturreformen und einer sinnvollen Vertiefung der Währungsunion. Die Geldpolitik ist da allein überfordert. Die Politik darf Draghis Nachfolger - wer auch immer das sein wird - nicht so allein stehen lassen wie das bei Draghi oft der Fall war.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Mark Schrörs

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