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Börsen-Zeitung: Diät für den Drachen

Archivmeldung vom 23.01.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.01.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Aktienanleger haben derzeit keine rechte Freude an ihren Investments. In der beendeten Börsenwoche knickten die Märkte rund um den Globus ein. Der Dax gab im Vergleich zum Freitag der Vorwoche um 3,1% nach. Der amerikanische Benchmark-Index S&P500 büßte ebenfalls rund 3% ein. Auch in den Emerging Markets sah es nicht besser aus: Der Shanghai Composite sackte um 3% ab, der indische BSE Sensex sogar um 4%.

Ein den Markt belastender Faktor sind sicherlich die neuen Obama-Pläne zur stärkeren Regulierung der US-Banken. Erstmals hat der Präsident ernst zu nehmende Beschränkungen der Aktivitäten der Institute im Wertpapierhandel und im Investment Banking vorgeschlagen, was mit Blick auf die längst wieder vorherrschende Kasino-Mentalität überfällig ist. Dies hat nicht nur die Banktitel getroffen. Da die US-Institute mit umfangreichen spekulativen Engagements rund um den Globus unterwegs sind und auf den internationalen Finanzmärkten in großem Umfang Liquidität bereitstellen, würde ein solcher regulatorischer Rundumschlag in den Preisen von Aktien, Rohstoffen und noch anderen Assetklassen kräftige Spuren hinterlassen.

Noch aber ist es nicht so weit: Ob Obamas Vorstellung jemals Gesetzeskraft erlangt, steht in den Sternen. Die republikanische Opposition hat Obama in ihren ersten Reaktionen bereits die Zähne gezeigt. Der Teufel steckt bei derart komplexen Gesetzesvorhaben zudem bekanntlich im Detail. Und außerdem ist es der US-Bankenlobby bislang noch immer gelungen, sinnvolle Regulierungsbemühungen stark zu verwässern. Es ist daher nicht zu erwarten, dass sich die Obama-Pläne in den nächsten Wochen als größeres Hindernis für die Märkte erweisen werden.

Von wesentlich größerer Bedeutung für die Märkte ist daher die Perspektive, dass sich die chinesische Volkswirtschaft überhitzen könnte. Ein Wirtschaftswachstum im vierten Quartal von 10,7% ist zwar beeindruckend, aber eben auch besorgniserregend. Die Folge einer Überhitzung wäre eine aus dem Ruder laufende Inflation, die die Regierung und die Notenbank quasi zu einer Vollbremsung zwingen würde. Dies würde dann die Bubble auf den chinesischen Kapitalmärkten unweigerlich zum Platzen bringen-was schwerwiegende Folgen für die gesamten Emerging Markets und auch die etablierten Märkte hätte.

Besser wäre es da, wenn der chinesische Drache bereits jetzt auf Diät gesetzt würde, bevor die Situation aus dem Ruder läuft. Wie es scheint, macht man sich in Peking dieselben Gedanken: Vor wenigen Tagen hat die People's Bank of China die Mindestreserveanforderungen für Geschäftsbanken verschärft und zusätzlich noch direkt auf die Institute eingewirkt, ihre Kreditvergabe einzuschränken. Das ist auch bitter notwendig: Allein in der ersten Januarhälfte haben Kreditinstitute im Reich der Mitte die gigantische Summe von umgerechnet rund 160 Mrd. Dollar an Krediten neu ausgereicht. Und nach einem Bericht der South China Morning Post ist die Summe neu vergebener Hypotheken in der Stadt Shanghai 2009 gegenüber dem Vorjahr um unglaubliche 1600% gestiegen.

Eigentlich hätten also die Märkte positiv reagieren müssen, weil Pekings jetzt noch vergleichsweise sanfter Eingriff ja möglicherweise eine später viel härtere Gangart vermeiden hilft. Die Sache hat allerdings einen Haken: China hat mit seinem beeindruckenden Wirtschaftswachstum im globalen Erholungsprozess quasi die Schwerarbeit geleistet. Eine Abbremsung wird aber die etablierten Märkte dann treffen, wenn das ohnehin nicht sehr robuste Wachstum in ihren Volkswirtschaften schon wieder nachlässt. Insbesondere das Erfordernis der Entschuldung der privaten und der öffentlichen Haushalte in den USA und in europäischen Ländern wird auf die Wachstumsraten drücken.

Angesichts der aktuell keineswegs niedrigen Bewertungen vieler Assetklassen ist dies eine unerfreuliche Perspektive. So mag denn auch der für seine pessimistischen Prognosen bekannte US-Ökonom Nouriel Roubini nicht ganz falsch liegen, wenn er spätestens für die zweite Jahreshälfte ein Ende der Rally an den Märkten voraussagt.

Quelle: Börsen-Zeitung

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