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300 Professoren fordern Ausstieg aus Massentierhaltung

Archivmeldung vom 11.01.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.01.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Am 22.1.2011 wird anläßlich der Grünen Woche in Berlin gegen Tierfabriken demonstriert.
Am 22.1.2011 wird anläßlich der Grünen Woche in Berlin gegen Tierfabriken demonstriert.

In einem gemeinsamen Appell haben über 300 Professorinnen und Professoren sowie weitere Wissenschaftler zum Ausstieg aus der Massentierhaltung aufgerufen. „In der Massenhaltung wird mit Tieren auf eine Weise umgegangen, die uns als Gesellschaft beschämen muss“, heißt es in dem Appell. Die Professoren und Wissenschaftler verweisen außerdem auf die fatalen Auswirkungen der Massentierhaltung auf Umwelt, Klima, Gesundheit und globale Gerechtigkeit. In ihrem Appell fordern sie von Europäischer Union, Bund und Ländern ein Ende der Tierquälerei und den Umstieg auf eine sozial-ökologische Landwirtschaft.

Hierfür empfehlen sie eine Neuausrichtung von Agrarsubventionen nach Tier- und Umweltschutzstandards, den Stopp von Exportsubventionen und eine Haltungskennzeichnung für Fleisch, ähnlich wie sie bereits für Eier gilt. Generell müsse die Politik den Tier- und Klimaschutz in der Tierhaltung wirksam verbessern. Zu den Unterzeichnern des Appells gehören so renommierte Professoren wie der Literaturwissenschaftler Dieter Borchmeyer, der Theologe Eugen Drewermann, der Umweltethiker Konrad Ott, der Mediziner Wolfram Sterry und der Philosoph Dieter Henrich.

„Wir wollen mit diesem Appell demonstrieren, dass es sich bei der Debatte um Massentierhaltung längst nicht mehr nur um ein Randthema von Tierschützerinnen und Veganern handelt“, so Friederike Schmitz, wissenschaftliche Mitarbeiterin am philosophischen Seminar der Universität Heidelberg, eine der Initiatorinnen der Aktion. „Immer mehr Menschen in allen Bereichen der Gesellschaft wollen sich nicht länger mit den Zuständen in der industriellen Tierhaltung abfinden. Unsere Aktion stellt dies insbesondere für die deutsche Wissenschaft unter Beweis.“ Neben den Professoren haben auf der Internetseite www.gegen-massentierhaltung.de zahlreiche weitere Unterstützer den Appell unterzeichnet. Insgesamt sind es inzwischen über 8000 Unterzeichner.

Die Initiatoren sind optimistisch, dass es noch mehr werden. Mobilisierend wirken werde auch eine zentrale Demonstration gegen Massentierhaltung am 22. Januar in Berlin, die unter dem Motto „Wir haben es satt!“ stattfindet. „Wir wollen die gesammelten Unterschriften möglichst bald nach der Demonstration an Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner übergeben. Bis dahin rufen wir weiter zur Unterzeichnung des Appells im Internet auf “, so Schmitz.

Umwelt- und Tierschutzverbände begrüßen die Initiative. Professor Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Ausgerechnet Stallformen mit den schlechtesten Noten im Tier- und Umweltschutz wie beispielsweise die Mast auf Betonböden ohne frisches Stroh und ohne Auslauf sind in der Praxis der Fleischerzeugung am weitesten verbreitet. Die Bundesregierung muss endlich die besten Stallformen zur Norm erklären und nicht wie derzeit die am wenigsten artgerechten. Maßstab dafür müssen die von Experten ausgearbeiteten optimalen Haltungsbedingungen für Nutztiere sein.“

Professor Sievert Lorenzen, Zoologe in Kiel und Vorsitzender von PROVIEH e.V.: „Zu einer tiergerechten Nutztierhaltung gehört auch eine artgemäße Fütterung. Der aktuelle Dioxin-Skandal zeigt, wie teuer uns ‘billige’ Tierprodukte zu stehen kommen: Es ist damit zu rechnen, dass wegen der Dioxinbelastung im Futter tausende Tiere sinnlos vernichtet werden. Das ist ebenso erschütternd wie qualvolle Haltungsbedingungen oder Gefahren durch Antibiotika-resistente Krankheitserreger. Es ist höchste Zeit für ein Umdenken in der Agrarpolitik.“

Professor Björn Frank, Volkswirtschaftler an der Universität Kassel, kritisiert, dass man als Steuerzahler gezwungen werde, subventionierte Billigschnitzel mitzufinanzieren. Tierethikexpertin Professor Ursula Wolf von der Universität Mannheim mahnt, der derzeit sehr hohe Fleischkonsum in Deutschland könne nur durch eine tierquälerische, industrielle Produktion gesichert werden. Eine Rechtfertigung für diese Praxis und das mit ihr verbundene Leiden der Tiere fehle.

Weitere Informationen zur Berliner Demonstration am 22. Januar finden Sie im Internet unter: www.wir-haben-es-satt.de

Statements einiger Professorinnen und Professoren, Pressekonferenz 11.1.2011

Professor Dieter Birnbacher, Philosophie-Professor und Ethiker an der Universität Düsseldorf: „Nachdem der Tierschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen worden ist, muss die Politik die Konsequenzen ziehen. Dazu gehören ein Verbot der tierquälerischen Formen der Tierhaltung und Tierschlachtung und eine strengere Kontrolle der Einhaltung ethischer Standards. Den Konsumenten ist nicht vorzuwerfen, dass sie sich in erster Linie am (in Deutschland eklatant niedrigen) Preis von Fleisch und anderen tierischen Produkten orientieren. Gefordert ist die deutsche und europäische Landwirtschaftspolitik.“

Professor Thomas Bonhoeffer, Theologe: „Verminderung unseres Fleischverzehrs ist entschieden das kleinere Übel sowohl im Blick auf die Räumlichkeiten der Tierhaltung wie im Blick auf die Verfütterung von Nahrungsmitteln, die auch armen Menschen den Hunger gestillt hätten!“

Professor Björn Frank, Professor für Volkswirtschaftslehre in Kassel und Berlin: „Ich will selbst entscheiden, was ich kaufe. Leider werden mir Informationen vorenthalten, so dass ich beim Fleischkauf zum Lotteriespiel gezwungen werde. Und als Steuerzahler werde ich gezwungen, die subventionierten Billigschnitzel mitzufinanzieren. Es wäre nicht schwer, diesen beiden Missständen abzuhelfen.“

Professor Claus Leitzmann, Ernährungswissenschaftler an der Universität Gießen erklärt: „Wie in anderen Konsumbereichen erwarten wir bei der Herstellung unserer Lebensmittel Klasse statt Masse sowie Nachhaltigkeit statt Gewinnmaximierung. Deshalb sollte unter anderem die Massentierhaltung schrittweise abgebaut und die ökologische Landwirtschaft gezielt gefördert werden. Nachhaltigkeit ist entscheidend für unser Wohlbefinden sowie für das unserer Mitwelt, Umwelt und Nachwelt.“

Professor Dieter Simon, Rechtswissenschaftler und ehemaliger Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften: „Dass wir Tiere essen und essen werden, entspricht unserer Natur. Sie müssen uns also ihr Leben opfern. Unsere Vorfahren wussten, dass solches Opfer sich nur rechtfertigen lässt, wenn wir es den Tieren durch Zuneigung und die Gewährung einer tiergemäßen Existenz vergelten. Wir sollten uns erinnern!“


Professor Wilhelm Vossenkuhl, Philosoph an der Universität München: „Massentierhaltung missachtet den Eigenwert des Lebens der Tiere, beutet deren Leben aus und gefährdet auf längere Sicht das Zusammenleben aller Arten und damit das Leben auf diesem Planeten.“

Professor Ursula Wolf, Philosophin und Tierethikerin an der Universität Mannheim: „Der moralische Konsens, wie er sich im Tierschutzgesetz ausdrückt, verlangt, Tieren nicht grundlos Leiden zu verursachen. Die Erzeugung von Fleisch und anderen Tierprodukten in der Massentierhaltung fügt zahllosen Tieren großes Leiden zu. Auch wenn man eine vegane Ernährung ganz ohne Tierprodukte für zu kompliziert und zu aufwendig halten mag: Es ist für uns Menschen nicht lebensnotwendig, Fleisch und andere Tierprodukte in einem Umfang zu konsumieren, der nur durch tierquälerische industrielle Tierhaltung gesichert werden kann. Eine Rechtfertigung für diese Praxis und das mit ihr verbundene Leiden der Tiere fehlt.“

Professor Herbert Zucchi, Professor für Zoologie/Ökologie in Osnabrück: „Es gibt vielerlei Gründe, warum ich die Massentierhaltung ablehne. Der wichtigste Grund ist für mich, dass die Tiere völlig unartgemäß gehalten werden und eher dahinvegetieren. Die Verhaltensforschung hat so viele Kenntnisse über unsere als Nutztiere gehaltenen Tierarten gewonnen, dass man sicher mit Fug und Recht von nicht-artgemäßer Haltung sprechen kann. Dazu kommen aus meiner Sicht ethische Gründe: Im Umgang mit Tieren in der Massentierhaltung zeigt sich der hohe Verrottungsgrad dieser Gesellschaft besonders deutlich. Ein dritter Komplex ist für mich schlicht und einfach, dass ich gesunde Nahrung essen möchte, und der derzeitige ‘Dioxin-Skandal’ zeigt einmal mehr, dass industrielle Massentierhaltung anfällig gegen kriminelle Futter- und Fütterungspraktiken ist. Schließlich ist es nun mal so, dass wir in Mitteleuropa mit unserem hohen Fleischverbrauch aus der Massentierhaltung z.B. den Regenwald mit auffressen, weil dort Futterplantagen (Soja) für die bei uns gehaltenen Tiere entstehen.“

Quelle: Appell gegen Massentierhaltung

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