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Medien: Dubiose Geschäfte bei der Max-Planck-Gesellschaft

Archivmeldung vom 06.06.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.06.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Max-Planck-Gesellschaft: Eingang zur Generalverwaltung
Max-Planck-Gesellschaft: Eingang zur Generalverwaltung

Foto: Maximilian Dörrbecker (Chumwa)
Lizenz: CC-BY-SA-2.5
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Bei der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) sind mutmaßlich Forschungsgelder in Millionenhöhe veruntreut worden. Das geht aus internen Unterlagen hervor, die dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" und dem "Spiegel" exklusiv vorliegen. Über Jahre hinweg soll ein Physikprofessor im Münchner Halbleiterlabor der renommierten Forschungsgesellschaft in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.

Den internen Dokumenten zufolge hat das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching Aufträge in einer Höhe von insgesamt sieben Millionen Euro an eine Firma namens PNSensor vergeben. Leistungsnachweise oder Belege musste das Unternehmen nicht vorlegen. Das Max-Planck-Institut legte die Auftragssumme fest und die Firma kassierte den Betrag. Mehrheitseignerin von PNSensor war die Ehefrau des damaligen Leiters des MPG-Halbleiterlabors Lothar Strüder, der auch selbst Anteile hält. Im Auftrag des Max-Planck-Instituts hat PNSensor Siliziumchips für Forschungsprojekte hergestellt. Überschussstücke, die für die Forschung nicht zu gebrauchen waren, hat die Firma an die Industrie verkaufen dürfen. In einem bislang unveröffentlichten Bericht des Obersten Bayerischen Rechnungshofs aus dem Jahr 2011 heißt es, dass sich alle Beteiligten auf die Einschätzung von Lothar Strüder hätten verlassen müssen. Wörtlich heißt es in dem Bericht: "Interessenkonflikte können deshalb nicht ausgeschlossen werden."

Darüber hinaus geben interne Dokumente der Max-Planck-Gesellschaft Anlass zu der Annahme, dass PNSensor Chips gezielt für den Verkauf produziert hat - finanziert aus öffentlichen Geldern. "Gelegentlich scheint es, dass manche Projekte nur deshalb durchgeführt werden, um die Fertigung von Driftdetektoren zu rechtfertigen", heißt es in einem Vermerk. Diese seien dann mehrheitlich in den Vertrieb gegangen.

Weitere interne Dokumente der Max-Planck-Gesellschaft sowie Aussagen von mit den Vorgängen betrauten Mitarbeitern gegenüber "Report Mainz" und "Spiegel" stützen den Verdacht, dass Chips gezielt für den Verkauf produziert worden sind. In einem internen undatierten Memo heißt es, man habe es "schwarz auf weiß, dass es sich tatsächlich nicht um Überschussstücke gehandelt hat, sondern um eine absichtliche Produktion des HLL (Halbleiterlabors) für den Verkauf durch PNS". Dies gehe daraus hervor, dass bereits Lieferverträge geschlossen worden seien, bevor die Produktion abgeschlossen war. Auf Anfrage von "Report Mainz" und "Spiegel" sagte die Max-Planck-Gesellschaft hierzu, es lägen "widersprüchliche" Aussagen der Mitarbeiter vor, bislang jedoch keine belastbaren Anhaltspunkte. Die Zahl der Überschüsse sei aber tatsächlich gestiegen.

Die Vorwürfe seien "haltlos und werden entschieden zurückgewiesen", schreibt Lothar Strüder in einer Stellungnahme an "Report Mainz" und den "Spiegel". Es habe sich um im Rahmen von Forschungsvorhaben entstandene Überschussstücke gehandelt, "die erst nachdem sie für die Forschung keine Relevanz mehr hatten, zur Veräußerung bereit standen". Die Forschungsvorhaben seien "in den gemeinsamen Besprechungen des Halbleiterlabors mit den zuständigen Direktoren der Max-Planck-Institute inhaltlich besprochen" worden.

Der Bayerische Oberste Rechnungshof forderte die MPG bereits im Jahr 2011 auf, sowohl "die bisherigen überhöhten Abrechnungen" zu überprüfen, "ebenso die Möglichkeiten von Rückforderungen". Nach eigenen Angaben gab es seitens der MPG jedoch bislang keine Rückforderungen. Bislang habe die Gesellschaft "keine Hinweise für einen ihr entstandenen finanziellen Schaden", schreibt die MPG in einer Stellungnahme. Allerdings räumte eine Sprecherin ein, dass eine Einsicht in Unterlagen von PNSensor bislang nicht möglich gewesen sei. Man habe mittlerweile ein entsprechendes Auskunftsersuchen gestellt.

In einem Aktenvermerk eines von der MPG beauftragten Rechtsexperten heißt es im Jahr 2012 wörtlich, es könne "nicht ausgeschlossen werden, dass Ermittlungsbehörden mit Blick auf den Straftatbestand der Untreue [...] einen Anfangsverdacht annehmen müssen". Ob PNSenor durch die Abrechnungen Gewinne gemacht habe, lasse sich nur durch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen feststellen. Eine Sprecherin der Max-Planck-Gesellschaft teilte nun schriftlich mit, dass die Ermittlungsbehörden jedoch nicht eingeschaltet wurden. Bei eigenen Überprüfungen seien "keine Sachverhalte zutage getreten, welche ein strafrechtlich relevantes Verhalten der Beteiligten zugrunde legen".

Die Vorwürfe des Bayerischen Rechnungshofes waren auch der Führungsspitze der MPG bekannt: Martin Stratmann, der am Donnerstag vereidigte neue Präsident, wusste nachweislich mindestens seit 2012 über den Bayerischen Rechnungshofbericht Bescheid. PNSensor darf mittlerweile nach Angaben der MPG zwar keine Überschussstücke mehr verkaufen. Allerdings hat sie auch nach Bekanntwerden der Vorwürfe weiterhin Forschungsaufträge erhalten. Man habe die Kompetenz der Firma weiterhin benötigt, um nicht wieder bei null anfangen zu müssen.

Quelle: SWR - Das Erste (ots)

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