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BERLINER MORGENPOST: Google ist ein Experiment für uns alle

Archivmeldung vom 16.08.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.08.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Jeder Google-Nutzer möge mal überlegen, wie viel höchst Vertrauliches er der Suchmaschine in den letzten Jahren anvertraut hat? Wie viele Informationen gibt ein Mensch über sich preis anhand seiner Fragen nach Produkten, Personen, Krankheiten, Krediten und allerlei Absonderlichem? Was alles wurde wann und wo mit Googles Hilfe erworben? Welche Orte, welche Routen wurden mit Google Maps ermittelt? Von wo hat man wann mit wem über das Google-Handy Android telefoniert?

Jeder einzelne dieser Kommunikationsschnipsel ist uninteressant. Über Jahre hinweg allerdings entsteht aus dem Verknüpfen ungezählter solcher Schnipsel das Porträt eines Menschen, seiner Vorlieben, seiner Abneigungen, seiner Ängste und Neurosen. Und es werden täglich mehr. Auch das umstrittene Google Street View ist für sich genommen kein Aufreger. Häuser gucken, Sehenswürdigkeiten knipsen, das ist ein Urbedürfnis der Menschheit. Straßen sind der Inbegriff von Öffentlichkeit, sie gehören allen. Das deutsche Unbehagen gegenüber Googles Tausend-Augen-Autos ist dennoch ernst zu nehmen. Google, das kostbarste Unternehmen der Welt, hat mit dem demokratischen Zentralwert der Öffentlichkeit wenig im Sinn. Das US-Unternehmen ist kein Wohltätigkeitsverein, der der Menschheit heitere Suchmaschinen schenken will, sondern die konsequenteste Vermarktungsmaschine des digitalen Zeitalters, für die es weder Gesetze noch Umgangsregularien gibt, die sich schon hätten bewähren müssen. Google ist ein Experiment für uns alle, Ausgang ungewiss. Das Neue, Unbekannte besteht in einer Paradoxie. Google sammelt Öffentliches oder freiwillig und damit quasi-öffentlich Abgefragtes. Werden diese Daten über Jahre zusammengetragen und verbunden, dann ergeben sich Verhaltensmuster, die zunächst fürs Marketing, später womöglich auch für alle anderen Lebensbereiche genutzt werden können. Das vom Bundesverfassungsgericht zugestandene Recht des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung bedeutet, dass Menschen diese über sie gesammelten Daten, vor allem aber die daraus komponierten Muster einsehen dürfen. Aber dieses Recht gesteht Google seinen Nutzern nicht zu. Gesammelte Öffentlichkeit wird also beinhart privatisiert, ent-öffentlicht eben. Was nun, wenn weitere Informationen mit den bestehenden verknüpft werden, wenn Google beispielsweise ein Kreditkartenunternehmen kauft, die Schufa, einen Mobilfunker oder Krankenkassen? Wer wacht darüber, dass die Daten gesetzeskonform gehandhabt werden? An der Schwelle zu einer neuen Ära steht immer die Phase von Versuch und Irrtum; niemand weiß heute, wie die digitale Ära einst geregelt sein wird. Eines aber steht jetzt schon fest: Intransparenz darf kein Geschäftsmodell sein.

Quelle: BERLINER MORGENPOST

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