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WAZ: Bildungsmisere in Schulen und Kitas

Archivmeldung vom 22.07.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.07.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Herzlichen Glückwunsch, Deutschland. Während gerade die zweite verlorene Generation von Migrantenkindern unsere Hauptschulen verlässt und wenige Jahre, bevor der Fachkräftemangel unsere Wirtschaft zu lähmen droht, haben wir erkannt, dass es nicht so gut ist, zehntausende Kinder durchrasseln zu lassen. Immerhin. Doch was sind die Antworten? Wir diskutieren zum xten Mal über unser Schulsystem, über zwei Jahre mehr oder weniger gemeinsames Lernen. Und dann wird alles gut?

Die Politik stellt gern die Systemfrage, sie kostet nichts. Ganz im Gegenteil zu dem, was eigentlich vonnöten wäre: kleinere Klassen, besser ausgebildete Lehrer, vor allem aber - eine echte Vorschule. Wer sagt denn, dass längeres gemeinsames Lernen in den Klassen eins bis sechs stattfinden muss? Wäre der Chancengleichheit für Kinder aus bildungsfernen Schichten nicht eher gedient, wenn man sie zwei Jahre gezielt auf die Grundschule vorbereitet?

Dafür spricht vieles: Ein Kind, dem nie vorgelesen wurde und das seine ersten Stifte mit der Schultüte bekommt, hinkt vom ersten Tag an hinterher. Wenn seine Eltern nicht in der Lage oder willens sind, Nachhilfe zu bezahlen, werden sie den Anschluss kaum schaffen. Nicht nach vier und nicht nach sechs Jahren. Wenn es die Eltern nicht tun, muss ihnen die Erzieherin Alphabet und Zahlen beibringen - nach festem Lehrplan.

Dies ist die eigentliche Systemfrage, denn sie geht an die Fundamente der Bildungsmisere. Dass sich Grundschulen in Problembezirken schon heute als Reparaturbetriebe fühlen, müsste doch auch den letzten Politiker darauf bringen, dass eine echte Reform vor der Einschulung ansetzen muss. Darin sind sich Pädagogen ausnahmsweise sogar mal einig mit den Ökonomen. Etliche Studien belegen, dass Investitionen in Bildung sich umso mehr auszahlen, je früher sie ansetzen. Laut IW zahlen Kinder jeden Euro, der in frühkindliche Bildung gesteckt wird, später zurück - plus acht Prozent Zinsen. Investitionen ins Schulsystem bringen dem Staat dagegen nur drei Prozent Rendite.

Leider tut sich Politik mit Investitionen, die sich erst nach Jahrzehnten rentieren, schwer. Wer das Geld ausgibt, fällt durch neue Haushaltslöcher auf, die Früchte seiner Arbeit ernten seine Nachfolger. Eine verpflichtende Vorschule wäre in der Tat teuer: Die Kita müsste kostenfrei sein und bräuchte mehr, vor allem mehr examinierte Erzieherinnen. Und was rät die Familienministerin? Arbeitslose umschulen und in die Kitas schicken. Genauso gut könnte sie den Kindern auch einfach viel Glück wünschen.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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