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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Parteitag der Linken

Archivmeldung vom 22.06.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Niederschlag in der Berliner Max-Schmeling-Halle ist ausgeblieben. Wer schon für dieses Wochenende die Selbstzerlegung der Linken erwartet hatte, der ist enttäuscht worden. Doch es bleibt wahrscheinlich, dass dieses Sammelsurium von Übriggebliebenen, Enttäuschten, Verträumten und Verblendeten eine der nächsten Gelegenheiten beim Schopfe packen wird.

So wie die Formulierung eines Grundsatzprogramms haben die Roten auch ihren grundlegenden Zwist nur vertagt. Einstweilen ist es vor allem Fraktionschef Gregor Gysi gelungen, die Heißsporne auf den Flügeln der Partei zu beruhigen. Gysi hat das Wir-Gefühl der Linken wiederbelebt, das der Streit zwischen Fundamentaloppositionellen und Möchtegernmitregierern zu verschütten drohte. Seine Appelle an die Solidarität der streitlustigen Genossen sind am Wochenende gehört worden. Dass die Truppe sie langfristig beherzigen wird, ist allerdings schwer vorstellbar. Zu weit ist der Weg von den Geld um sich werfenden Utopien des nun beschlossenen Wahlprogramms zu den nüchternen Voraussetzungen für eine Regierungsbeteiligung in Thüringen, im Saarland oder gar im Bund. Parteichef Oskar Lafontaine hat Gysi, die andere Lichtgestalt seiner Truppe, beim Berliner Parteitag strahlen lassen, indem er selbst einmal nicht den Volkstribun gab. Lafontaines langatmiger Rückzug auf die Ausbreitung vermeintlicher Wirtschaftskompetenz sollte zum einen eine Lücke füllen, die hartnäckiger Teil der öffentlichen Wahrnehmung der Linken ist: Mit Geld können die nicht umgehen. Zum anderen ist der einstige Kurzzeit-Superminister der SPD-Regierung Schröder auch persönlich seit jeher darauf erpicht, als verständiger Finanzexperte zu gelten. War er doch als damaliger SPD-Kanzlerkandidat einer der wenigen, die während der Endphase der DDR vor den hohen Kosten des eingeschlagenen Weges zur Deutschen Einheit warnten. Dass er damals, als ihm kaum jemand zuhörte, nicht unrecht hatte, scheint ihn seitdem anzutreiben. Und so realitätsfremd die Vorschläge, die er unters Volks bringt, auch sein mögen - zehn Euro Mindestlohn, früherer Renteneintritt und Millionenerträge durch eine Reichenstrafsteuer zum Beispiel: Die oberflächliche argumentative Kraft ist dem Populisten, der sich 1995 mit einer Rede auf dem Mannheimer Parteitag an die Spitze einer Scharping-müden SPD putschte, nicht abhanden gekommen. Doch bei seiner alten Partei kann »der Oskar«, wie viele Sozialdemokraten immer noch sagen, damit nicht mehr landen. Die autoritäre Machtfülle des neuen Lafontaine bei den Linken ist für SPD-Parteichef Franz Müntefering sogar das beste Faustpfand beim Kampf um die Abgrenzung vom Lagermitbewerber. So kann nach diesem Linken-Parteitag auch Müntefering zufrieden sein. Lafontaine hat zwar auf seinem Kochtopf den Deckel halten können. Doch die auseinander strebenden Linken sind alles andere als so sortiert, dass Müntefering sich fragen lassen müsste, warum er mit denen denn nicht endlich koalieren wolle.

Quelle: Westfalen-Blatt

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