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BERLINER MORGENPOST: Kriegen Sie doch selbst raus, wie die Lage ist

Archivmeldung vom 02.02.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 02.02.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die deutsche Reisebranche ist zweifellos ein wichtiger Wirtschaftsfaktor - für Deutschland natürlich ohnehin, noch mehr aber für Ägypten. Der Großteil zahlender Erholungssuchender am Roten Meer hat einen Bundespass. Über Silvester hatte Außenminister Guido Westerwelle höchstselbst dort einen Badeort aufgesucht. Es war, wenn man so möchte, ein Zeichen politischen Vertrauens in die Stabilität der Regierung Husni Mubaraks.

Wenn die Bundesregierung diesen deutschen Touristenstrom zu begrenzen oder sogar zu stoppen ankündigt, kommt das für Ägypten praktisch der Ankündigung einer Wirtschaftsblockade gleich. Das unterscheidet deutsche Reisewarnungen von österreichischen oder amerikanischen, denn deren Tourismus ins Land der Pyramiden ist verglichen mit dem deutschen nachrangig. Das Auswärtige Amt prüft aus solchen Gründen lang und gründlich, ob es eine offizielle Reisewarnung aussprechen soll. Wenn Berlin vor Flügen nach Ägypten warnt, dann gehen am Nil alle roten Lichter an. Gerade deshalb ist die unsouveräne Art und Weise ärgerlich, mit der das Auswärtige Amt - von Kennern auch gern "AA" genannt - eine Warnung vor Reisen nach Ägypten erst hinauszuzögern versuchte, nur um sie dann am Sonntag zu später Abendstunde um so hektischer zu verkünden. Was war von einem Warnhinweis zu halten, der Stunde um Stunde "angepasst" wurde - mit einer Wortwahl, die so verklausuliert war, dass nur ausgebildete Diplomaten die Unterschiede verstanden? Am Sonntagmorgen warnte Guido Westerwelles Ministerium nur vor Reisen in die westlichen Grenzgebiete Ägyptens. Da brannten in Kairo schon Einkaufszentren, und Panzer rückten in Tourismusorte ein. Am Frühnachmittag warnte das "AA" dann vor Reisen nach Ägypten "mit Ausnahme der Tourismusgebiete am Roten Meer". Am späten Abend eine neue Warnung: Nun riet das "AA" generell vor "Reisen nach Ägypten aufgrund der instabilen Lage" ab, gerade so, als ob die Lage am Nachmittag noch stabil gewesen wäre. In dieser vorerst letzten Warnung steht nun der hübsche Satz: Obwohl es am Roten Meer "derzeit ruhig" sei, werde jeder Tourist gebeten, "sich vor Reiseantritt gründlich über die Sicherheitslage am konkreten Zielort der Reise zu informieren". Was hat denn das nun zu bedeuten? Wir dachten, das Auswärtige Amt sei der Experte und werde uns, den Bürgern, sagen können, ob die Lage gefährlich sei? Deutsche Staatsbürger verfügen nicht über die Informationsquellen der Diplomaten. Sie rufen in ihrem gebuchten Hotel an und hören, dort sei alles ruhig. Dann fliegen sie los, und plötzlich taucht im Hotel eine fanatische Islamistengruppe auf, die beschlossen hat, jetzt sei der richtige Zeitpunkt, Geiseln zu nehmen, um Mubarak vor der Welt bloßzustellen. Ist das mit Sicherheit auszuschließen? Wenn ja, warum hat dann das amerikanische Außenministerium schon am Sonnabend dringend von Reisen nach Ägypten abgeraten und bringt jetzt schon fast sein gesamtes Botschaftspersonal außer Landes? Ist Hillary Clinton nur hasenfüßig? Es gibt Momente, an denen es besser ist, lieber eine Warnstufe mehr zu verkünden. Das Auswärtige Amt hat zuallererst eine Fürsorgepflicht für deutsche Staatsbürger. Zu ihr gehört, Reisende nicht in falscher Sicherheit zu wiegen, wenn man am Fernsehen sehen kann, dass eher das Gegenteil zutrifft.

Quelle: BERLINER MORGENPOST

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