Neues Deutschland: zum G8-Gipfel in Japan
Archivmeldung vom 07.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWer wollte, konnte sich am späten Samstagabend einem G8-Märchen hingeben. Eine junge Frau mit Verstand und Mut, ein politischer Gipfel-Sherpa voller Selbstzweifel, der nicht zuletzt diesen Reizen erliegt, ein Minister, der sein Gewissen wiederfindet, und ein Club der Mächtigen, der endlich erkennt, wie wenig die Reichen dieser Welt gegen Armut, Hunger und Krankheit tun.
Soweit die Fernsehfiktion. In der Realität würde das Drehbuch schon daran scheitern, dass auch die attraktivste Globalisierungskritikerin nicht einmal in die Nähe der G8-Festung in Japan käme, um den dort versammelten Staatsmännern und -frauen die Leviten zu lesen.  Deren Themenkatalog ist vollgepresst wie eine Sushi-Rolle, aber nicht nur Entwicklungs- und Umweltaktivisten befürchten, dass es vor der imposanten Naturkulisse von Hokkaido nur sehr magere Beschlüsse zu den drängenden Hauptthemen Klimaschutz, Afrika, Ölpreis oder Nahrungsmittelkrise geben wird. Zumal von den vollmundigen Versprechungen früherer Gipfel wie dem im Vorjahr hierzulande vereinbarten 60-Milliarden-Dollar-Paket für das afrikanische Gesundheitswesen nicht viel geblieben ist. Auch während dieses Gipfels werden auf dem Schwarzen Kontinent wieder Tag für Tag 5000 Kinder an den Folgen der Armut sterben. Angesichts des bisher erkennbaren Szenariums erwartet uns in Toyako erneut ein diplomatisches Trauerspiel mit unfähigen Darstellern. Nicht zu empfehlen.
Quelle: Neues Deutschland