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Experte rechnet bei Euro-Austritt Griechenlands mit 70-Milliarden-Verlust für private Gläubiger

Archivmeldung vom 15.06.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.06.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Klaus Brüheim / pixelio.de
Bild: Klaus Brüheim / pixelio.de

Ein Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone würde nach Einschätzung von Ansgar Belke, Professor für Makroökonomik an der Universität Duisburg-Essen, drastische Konsequenzen nach sich ziehen: Es käme dann zu einem "Default" (Zahlungsausfall) der griechischen Regierung, der vor allem die verbliebenen Verpflichtungen gegenüber den privaten Gläubigern beträfe. "Europäische Banken müssen den Großteil ihrer Exposure gegenüber Griechenland in Höhe von 70 Milliarden Euro abschreiben", sagte der Forschungsdirektor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) "Handelsblatt-Online". "Diese fällt im Rahmen der nationalen Bankenstützung jeweils auf die Euro-Mitgliedstaaten zurück."

Belke, der auch Mitglied des "Monetary Expert Panels" im Europaparlament ist, gab allerdings zu bedenken, dass der Großteil der griechischen Schulden gegenüber öffentlichen Gläubigern vor allem den Euro-Rettungsfonds EFSF und die Europäischen Zentralbank (EZB) betreffe. "Dies ist aber keinesfalls gleichbedeutend damit, dass die öffentlichen Gläubiger einen Großteil ihrer Forderungen an Griechenland abschreiben müssen", fügte er hinzu. "Denn sie genießen effektiv einen bevorrechtigten Gläubigerstatus." Überdies könnten die öffentlichen Gläubiger einen Totalverlust ihrer Forderungen vermeiden, indem sie Griechenland ein langfristiges Schuldenmoratorium gewährten, nach dem dann eine vollständige Schuldenrückzahlung vereinbart werde. "Nach etwa einem Jahrzehnt der Anpassung könnte Griechenland in der Lage sein, seine Schulden zurückzuzahlen."

Ein Ausstieg aus dem Euro führe also nicht zwingend zur Insolvenz Griechenlands. Es sei daher nicht auszuschließen, "dass auch die Bundesregierung hart bleiben wird und im Falle eines Syriza-Wahlsiegs und eines tatsächlichen ernstzunehmenden Versuchs, die Syriza-Forderungen Eins-zu-Eins durchzubringen, in Kauf nehmen wird, Griechenland durch die EZB aus der Eurozone zu entlassen", sagte Belke weiter. "Nicht zuletzt, um auch vor ihren Wählern, die mehrheitlich einen Austritt Griechenlands favorisieren, falls es sich nicht an die fiskalischen Regeln hält, standhaft zu bleiben." Denn, sagte Belke, die Bundestagswahl 2013 werfe ihre Schatten voraus. "Griechenland würde geopfert, um mit dem homogeneren Rest voranzugehen in eine politisch tiefer integrierte Euro-Zone."

Deutsche-Bank-Berater warnt vor ungeordneter Griechenland-Pleite

Der frühere Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer, hat vor einem Euro-Aus und einer dramatischen Zuspitzung der Lage in Griechenland gewarnt. "Die Wieder-Einführung der Drachme würde den Bankrott des Staates, der Banken und vieler Unternehmen bedeuten. Das würde zu einer politischen und sozialen Krise führen", sagte Mayer der "Rheinischen Post". Sollte Griechenland seine Reform-und Sparauflagen nach der Wahl am Sonntag aufkündigen, werde der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Zahlungen an Griechenland voraussichtlich einstellen. Auch die EU-Staaten sollten in diesem Fall ihre Budgethilfen an den griechischen Staat stoppen, einen ungeordneten Staatsbankrott jedoch verhindern. "Um einen ungeordneten Bankrott des Staates und der Banken und damit den Kollaps der Wirtschaft zu vermeiden, sollte die EU weiterhin das Geld für den Schuldendienst bereitstellen und die Rekapitalisierung der Banken vollenden", riet Mayer, der dem Deutsche-Bank-Vorstand seit Anfang Juni als Berater zur Seite steht. "Dazu müssten die griechischen Banken in eine europäische Bad Bank überführt werden, damit sicher ist, dass das Geld für die Rekapitalisierung auch bei den Banken ankommt", sagte Mayer.

Spekulationen über ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Gruppe im Falle des Zahlungsstopps des IWF und der EU erteilte Mayer eine Absage. "Griechenland wird nicht aus der Euro-Zone austreten. Das will dort kaum jemand. Die Euro-Staaten können das Land auch nicht ausschließen", sagte der Top-Ökonom. "Also wird es wohl formal in der Euro-Zone bleiben, auch wenn der Staat wahrscheinlich zahlungsunfähig wird", sagte Mayer.

Eindringlich riet Mayer der griechischen Regierung zur Einführung einer Parallelwährung im Falle der Zahlungsunfähigkeit. "Neben dem Euro könnte dann eine Parallelwährung entstehen, die der Staat ausgibt, um seine Rechnungen zu begleichen", sagte Mayer. Die Parallelwährung wäre für Griechenland auch ökonomisch die bessere Lösung im Vergleich zum kompletten Euro-Ausstieg. "Eine Parallelwährung, verbunden mit Unterstützung für den Schuldendienst und die Banken, wäre mit geringeren volkswirtschaftlichen Kosten verbunden", betonte Mayer.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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