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Besatzungskinder des Zweiten Weltkriegs häufig psychisch stark belastet

Archivmeldung vom 28.03.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.03.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Bild: Jörg Brinckheger / pixelio.de
Bild: Jörg Brinckheger / pixelio.de

In Deutschland sind mindestens 200.000 Kinder am Ende des Krieges und in der Nachkriegszeit von Soldaten der vier Besatzungsarmeen gezeugt worden. Wissenschaftler der Universitäten Leipzig und Greifswald haben in einer Studie jetzt erstmals die Bedingungen untersucht, unter denen die Besatzungskinder aufgewachsen sind - und die psychosozialen Folgen für die Betroffenen. Sie sind als "Kinder des Feindes" häufig stigmatisiert und diskriminiert sowie über die Identität ihres Vaters im Unklaren gelassen worden. Viele von ihnen sind auch heute noch psychisch stark belastet.

Die Forscher hatten im März 2013 eine Studie zu den Besatzungskindern des Zweiten Weltkrieges in Deutschland initiiert und insgesamt 146 von ihnen zu ihrem Aufwachsen, ihren Erfahrungen mit Stigmatisierung und Diskriminierung, ihrer Identitätsentwicklung und zu ihrem heutigen psychischen Befinden befragt. Die Studienteilnehmer sind ohne ihre biologischen Väter und häufig unter schwierigen Bedingungen aufgewachsen. Dazu zählen beispielsweise häufige Bezugspersonenwechsel, wirtschaftliche Not oder Heimerziehung. Anders als bei Kindern, deren Väter gefallen oder in Gefangenschaft geraten waren beziehungsweise vermisst wurden, waren die Väter der Besatzungskinder tabuisiert. Es gab selten Bilder oder Erzählungen, sondern vielmehr eine Mauer des Schweigens. Die Suche nach den Vätern spielt auch heute eine wichtige Rolle, gestaltet sich jedoch oft schwierig.

"Meine Mutter wurde als Tommynutte, ich als Monkey betitelt", beschrieb ein Studienteilnehmer eine typische Erfahrung.Mehr als die Hälfte der Besatzungskinder berichteten von Erfahrungen mit Stigmatisierung und Diskriminierungen. Oft trugen sie ein doppeltes Stigma als Kinder des Feindes und als uneheliche Kinder. Sie wurden in ihrem sozialen Umfeld, in Bildungseinrichtungen oder zum Teil auch im familiären Umfeld diskriminiert. Typische Schimpfworte waren "Russenkind" oder "Amibastard".

Die oft komplexen und langfristigen Belastungen der Besatzungskinder spiegeln sich heute in deutlich erhöhten Raten psychischer Störungen wieder. Berichten aus der gleichaltrigen Allgemeinbevölkerung rund ein Fünftel der Menschen über traumatische Erfahrungen, ist es bei den Besatzungskindern fast die Hälfte. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei depressiven Störungen (knapp fünf gegenüber knapp 14 Prozent). "Die Studienergebnisse machen deutlich, dass Kinder des Krieges eine Hochrisikogruppe darstellen, nicht nur im Nachkriegsdeutschland, sondern in jedem bewaffneten Konflikt", resümiert die Leipziger Studienleiterin PD Dr. Heide Glaesmer.

Ihre Arbeitsgruppe ist in einem internationalen Forschungsnetzwerk organisiert, das sich auch mit Kindern befasst, die in Konfliktregionen wie der Demokratischen Republik Kongo oder dem Balkan von ausländischen Soldaten gezeugt wurden. In Kürze startet ein von der Europäischen Union finanziertes Doktorandenprogramm zum Thema. Heide Glaesmer hat zudem einen Aufsatz beigesteuert zum soeben im Christoph-Links-Verlag erschienenen Buch "Wir Besatzungskinder. Töchter und Sohne alliierter Soldaten erzählen".

Quelle: Universität Leipzig (idw)

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