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„Schwangere Männchen“: Evolution der Geschlechtsbestimmung

Archivmeldung vom 13.05.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.05.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Weit verbreitetes Forschungsobjekt: die Stubenfliege Musca domestica.
Quelle: Foto: Peter Koomen (idw)
Weit verbreitetes Forschungsobjekt: die Stubenfliege Musca domestica. Quelle: Foto: Peter Koomen (idw)

Wie entstehen Männchen und Weibchen? Besonders im Bereich der Insekten ist die Antwort auf diese Frage äußerst komplex, da die unterschiedlichen Arten viele verschiedene Mechanismen zur Geschlechtsbestimmung kennen. Ein Forscherteam der Universitäten Groningen, Göttingen und Zürich hat nun ein männlich bestimmendes Gen der Stubenfliege identifiziert.

Ein Funktionsverlust des Gens Mdmd im frühembryonalen Stadium führte zu „schwangeren“, mit reifen Eiern gefüllten Männchen. Quelle: Foto: Daniel Bopp (idw)
Ein Funktionsverlust des Gens Mdmd im frühembryonalen Stadium führte zu „schwangeren“, mit reifen Eiern gefüllten Männchen. Quelle: Foto: Daniel Bopp (idw)

In der Regel nutzt jede Art einen bestimmten Mechanismus. Eine Ausnahme scheint die weit verbreitete Stubenfliege Musca domestica zu sein, die sich je nachdem, wo sie lebt, verschiedener Methoden zur Bestimmung des Geschlechts bedient. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Groningen, Göttingen und Zürich haben nun ein männlich bestimmendes Gen der Stubenfliege identifiziert. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Science erschienen.

Die Forscher suchten nach Genen, die schon früh in der Entwicklung ausschließlich in Stubenfliegenmännchen aktiv sind. Dabei stießen sie auf das Gen Mdmd (Musca domestica male determiner), dessen Funktionsverlust im frühembryonalen Stadium zu „schwangeren“, mit reifen Eiern gefüllten Männchen führte. Ein totaler Funktionsverlust resultierte in einer kompletten Geschlechtstransformation von Männchen zu fortpflanzungsfähigen „Transgender-Weibchen“. „Dieses neu identifizierte Gen ist wahrscheinlich aus der Duplikation eines Gens entstanden, das eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Spleißens, also der korrekten Prozessierung der von den Genen abgelesenen Transkripte, inne hat“, erklärt der Entwicklungsbiologe Prof. Dr. Ernst Wimmer von der Universität Göttingen. Bei Insektenmännchen und -weibchen werden die Transkripte bestimmter Gene unterschiedlich prozessiert, was zu verschiedenen Proteinprodukten führt.

Wie beim Menschen trägt in der Regel das Y-Chromosom der Stubenfliege das männlich bestimmende Gen. Allerdings: Stubenfliegen, die in südlichen Breitengraden leben, haben kein Y-Chromosom. „Das männlich bestimmende Gen liegt hier auf einem der fünf anderen Chromosomen“, erläutert Wimmer. Die Forscher nennen ein solches Chromosom auch Neo-Geschlechtschromosom, weil sie davon ausgehen, dass es aus evolutionärer Sicht erst vor nicht allzu langer Zeit eine Rolle in der Geschlechtsbestimmung übernommen hat. Sie konnten nun zeigen, dass neue Geschlechtschromosomen entstehen, wenn Gene wie das Mdmd vom Y- auf ein anderes Chromosom umsiedeln. Nach dem Standortwechsel geht das Y-Chromosom verloren und das neue Geschlechtschromosom mit dem Mdmd übernimmt die männlich bestimmende Funktion.

„Unsere Studie zeigt, wie verschieden die Geschlechtsbestimmung bei Insekten sein kann und wie schnell sich das genetische Programm, das für die unterschiedliche Entwicklung von Männchen und Weibchen verantwortlich ist, im Laufe der Evolution verändern kann“, so Wimmer. „Ein Gen, das dem Mdmd entspricht, konnten wir bislang bei keiner anderen Art finden.“ Die Ergebnisse helfen nicht nur, die Evolution der Geschlechtsbestimmung besser zu verstehen, sondern können beispielsweise auch Anwendung in der Landwirtschaft finden, wo riesige Mengen an sterilen Insektenmännchen eingesetzt werden, um die Fortpflanzung von Fruchtschädlingen zu verhindern. Darüber hinaus werden sie auch für die Bekämpfung von Krankheitsüberträgern wie Mücken oder eben Stubenfliegen in Betracht gezogen.

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen (idw)

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