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Studie: Chinesische Investitionen in Europa erreichen neues Rekordniveau

Archivmeldung vom 12.01.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.01.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Walter-Wilhelms, on Flickr CC BY-SA 2.0
Bild: Walter-Wilhelms, on Flickr CC BY-SA 2.0

Chinesische Auslandsinvestitionen haben 2016 erneut ein Rekordniveau erreicht. Das Investitionsvolumen stieg weltweit auf etwa 200 Milliarden US-Dollar (180 Mrd. Euro), dies entspricht einem Zuwachs von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Europäische Union gehört weiterhin zu den beliebtesten Investitionsstandorten, angeführt von Deutschland. Rund 35 Mrd. Euro - ein Plus von 77 Prozent - flossen im vergangenen Jahr in europäische Länder, davon über 11 Mrd. Euro nach Deutschland. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Mercator Insituts für China-Studien (MERICS) und der Rhodium Group.

Chinesische Investoren stehen in Zeiten verlangsamten Wachstums in ihrem Land unter Druck: Sie wollen eigene Technologien, Marken und strategische Vermögenswerte entwickeln. Ziel ist, weltweit zu diversifizieren und im eigenen Land neue Märkte zu erschließen. Dies spiegelt sich auch im Investitionsverhalten: In Europa zeigten chinesische Investoren im vergangenen Jahr besonderes Interesse an Hochtechnologie, insbesondere im Fertigungsbereich, an Energie- und Versorgungsunternehmen. Auch in Bereiche wie Versorgung, Transport und Infrastruktur, Internet- und Kommunikationstechnologie sowie Unterhaltung flossen verstärkt Investitionen.

Zu den größten Investitionen zählten die Übernahmen des finnischen Online Gaming Anbieters Supercell (6,7 Mrd. Euro) und des deutschen Roboterherstellers Kuka durch das chinesische Privatunternehmen Midea (4,4 Mrd. Euro). Ein großes Volumen hatten auch die Übernahmen der irischen Flugzeug-Leasing-Firma Avolon durch die Unternehmensgruppe HNA aus Hainan (2,3 Mrd. Euro), des niedersächsischen Müllverbrennungsspezialisten EEW Energy durch die Holding Beijing Enterprises (1,4 Mrd. Euro), der britischen Online-Reiseplattform Skyscanner durch Ctrip (1,6 Mrd. Euro), die Investition der Shandong Ruyi Technology in die französische Modefirma SMCP Group (1,3 Mrd. Euro) sowie die Übernahme der britischen Odeon & UCI Cinema Group durch Wanda AMC (1,1 Mrd. Euro). Investitionen in Immobilien sanken dagegen deutlich im Vergleich zum Vorjahr. Auffällig war zudem, dass 2016 deutlich mehr Privatunternehmen in Europa investierten (74 gegenüber 30 Prozent 2015).

Investitionen konzentrieren sich auf Deutschland und Großbritannien

Nach einer Phase von Großinvestitionen in Südeuropa konzentrierten sich chinesische Unternehmen 2016 wieder stärker auf die großen europäischen Volkswirtschaften, insbesondere Deutschland und Großbritannien. Mehr als zwei Drittel aller Investitionen flossen in diese beiden Länder. Deutschland war mit über 11 Mrd. Euro Zielland Nummer Eins innerhalb Europas, mehr als 31 Prozent aller chinesischen Investitionen in Europa wurden hierzulande getätigt. Großbritannien blieb auch nach der Brexit-Entscheidung auf Platz zwei.

Europäische Investitionen in China weiter rückläufig

Im Gegensatz zu den wachsenden Investitionen chinesischer Unternehmen in Europa sind europäische Unternehmen in China zurückhaltender. 2016 sanken europäische Investitionen in China das vierte Jahr in Folge, auf ca. 8 Mrd. Euro. Diese Entwicklung hat mehrere Ursachen: Das sinkende Wachstum in China, rückläufige Gewinnmargen und weiterhin bestehende Hürden für ausländische Investoren.

Politische Debatte in Europa wird kritischer gegenüber chinesischen Investitionen

Die Zunahme chinesischer Übernahmen von Hochtechnologieunternehmen, insbesondere im Bereich Produktion und Maschinenbau, löst in Europa auch Sorge aus: Die Beteiligung des chinesischen Staats an diesen Deals wird ebenso debattiert wie die langfristigen Risiken, die mit einem Ausverkauf von Kerntechnologien an China einhergehen könnten. Eine Reihe von kontroversen Aufkäufen und Übernahmeversuchen in Deutschland standen dabei im Zentrum. Insbesondere die Übernahme von Kuka durch Midea befeuerte Befürchtungen über einen Ausverkauf deutscher Technologien. Das chinesische Angebot für den Chiphersteller Aixtron wiederum rückte die Fallstricke einer staatlichen chinesischen Beteiligung an solchen Übernahmen ins Zentrum. Die Bundesregierung setzte 2016 deutliche Zeichen, indem sie gleiche Bedingungen für deutsche Unternehmen in China einforderte, chinesische Investitionen stärker überprüfte, wenn sie eine Bedrohung nationaler Sicherheitsinteressen befürchtete, und die zunächst erteilte Zustimmung zur Übernahme von Aixtron wieder rückgängig machte. (Letztlich wurde die Übernahme gestoppt, weil die US-Regierung den Verkauf des amerikanischen Anteils am Unternehmen blockiert hatte.)

Ausblick auf 2017

Die Autoren der Studie, Thilo Hanemann und Mikko Huotari, warnen davor, die Wachstumszahlen chinesischer Investitionen im vergangenen Jahr auch in die Zukunft zu projizieren. Stattdessen könnte der chinesische Expansionskurs schon bald deutlich an Fahrt verlieren. Zum einen wegen der Versuche der chinesischen Regierung, den Kapitalabfluss ins Ausland stärker zu kontrollieren, zum anderen wegen der wachsenden Befürchtungen europäischer Länder vor einem Ausverkauf von Kerntechnologien an China.

Die Autoren argumentieren, die Zuwächse bei den chinesischen Auslandsinvestitionen seien 2016 so dramatisch gewesen, dass die chinesische Führung nun auf die Bremse tritt und das Tempo des Kapitalabflusses zu drosseln versucht. Angesichts des verlangsamten Wirtschaftswachstums im Inland, Risiken im Finanzsystem und des Abwertungsdrucks auf die chinesische Währung hat Beijing bereits damit begonnen, Auslandsinvestitionen stärker zu überprüfen und gegen unerwünschte Transaktionen vorzugehen.

Wie Europa künftig auf Investitionen aus China reagiert, hängt aus Sicht der Autoren in erster Linie von Chinas Reformfortschritten ab. Nur wenn China die Rolle des freien Wettbewerbs stärke und gleiche Bedingungen für ausländische Unternehmen schaffe, werde man in Europa chinesische Investitionen als für alle Seiten gewinnbringend ansehen können. Ein Durchbruch in den Verhandlungen über ein bilaterales Handelsabkommen könnte ebenfalls ein wichtiges Signal senden. Wenn China dagegen weiterhin mit fehlendem Reformwillen nach innen und außen enttäusche, sei eine wachsende Abwehrhaltung gegenüber chinesischen Investitionen in Europa unvermeidbar.

Quelle: Mercator Institute for China Studies (ots)

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