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Liebe geht DOCH durch den Magen: Das Wunder in der Kranower Straße

Archivmeldung vom 20.12.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.12.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Grafik: Herbert Jost-Hof
Grafik: Herbert Jost-Hof

Weihnachten ist die Zeit der Wunder … immer noch. Sie geschehen tatsächlich, nur sind die meisten Menschen viel zu beschäftigt, um sie wahrzunehmen.

In diesem Jahr war das Weihnachtsfest voller Wunder. Aber kaum einer bemerkte es. Vielleicht lag das daran, dass die meisten dieser Wunder in einem Reihenhaus in der Kranower Straße geschahen. Um ganz genau zu sein: im Haus der Familie Kamericz, das die Nummer 23 trug.

Eigentlich hätten alle die Besonderheit dieses Festes schon daran erkennen müssen, wie viel Schnee vom Himmel fiel und wann - nämlich genau so viel, dass er die Stadt mit weißem Weihnachtsglanz bedecken konnte und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als die Kirchgänger am späten Nachmittag wieder den Schutz ihrer Häuser und Wohnungen erreichten, so dass niemand durch die dicken Flocken, die mit unnachgiebiger Sanftmut zu Boden schwebten, um dort mehr und mehr des gewohnten Untergrunds verschwinden zu lassen, gestört oder gar in Gefahr gebracht werden konnte.

Na gut, fast niemand. Die Wirtin aus dem "Burgdorfer Schankeck" rutschte auf ihrem Hinterhof aus, als sie ein paar hungrige Katzen verscheuchte, die gerade damit beginnen wollten, in den Mülltonnen nach ihrem Anteil am Weihnachtsschmaus zu fahnden.
Aber schließlich: warum muss sie auch am Heiligen Abend Katzen scheuchen?
Und überhaupt ist das eine ganz andere Geschichte.

Der 24. Dezember im Hause Kranower Straße 23 jedenfalls verlief überaus ruhig und harmonisch.
Und das war das zweite Wunder.

In den zurückliegenden Jahren hatte es immer irgendeinen Anlass für Spannungen gegeben; die verkrampft festliche Stimmung war stets durch irgendeinen dummen und absolut nichtigen Umstand geplatzt wie eine betagte Glühbirne und hatte der Finsternis dunkler Gedanken, manchmal auch böser Worte Raum gegeben.

Nicht so an DIESEM Heiligen Abend. Keiner beschwerte sich darüber, dass zu viel oder zu wenig, zu laute oder zu leise Weihnachtsmusik gespielt wurde, niemand mäkelte am traditionellen Weihnachtsessen der Familie Kamericz, dem "Rollbraten à la Martha" herum - im Gegenteil: Herr Kamericz fand sogar lobende Worte für die Mühe, die sich seine Gattin gemacht hatte und selbst Marek und Lena, ihre beiden Kinder, priesen Konsistenz und Geschmack der Roten Grütze, die es als Nachtisch gab.

Auch die Spielsachen, die Heiner und Martha Kamericz ihren Kindern in Stellvertretung des Christkindes besorgt hatten, waren offenbar exakt das, was die beiden gewünscht hatten.
Die Plastikrennpiste inklusive Autos und die Zubehörteile für den bereits vorhandenen Weltraumfahrer wurden von Marek mit ebenso echter Freude empfangen, wie Lena ihr weißes Kaninchen und die Puppen des neuen Kasperl-Theaters in die Arme schloss.

Alles stimmte an diesem Tag. Ja, selbst Tante Trude, die noch nie in ihrem Leben pünktlich gewesen war, erschien - wie vereinbart - Schlag vier zum Kaffee. Schon wieder ein Wunder.
Doch jeder war viel zu glücklich und viel zu sehr beschäftigt, um sich all dieser Dinge bewusst zu werden. Denn schließlich mussten Traditionen gewahrt werden.
Ein Heiliger Abend im Hause Kamericz folgte festgelegten Ritualen, die zu verletzen vermutlich die Existenz des ganzen Weihnachtsfestes in Frage gestellt hätte.
Also achtete jeder darauf, an der richtigen Seite des Tisches zu sitzen, in der richtigen Reihenfolge die Kerzen am Baum anzuzünden und so weiter.
Und waren die Geschenke für die Kinder auch noch so verlockend, Marek und Lena wussten, dass sie sie zwar auspacken durften, mit dem Spielen jedoch so lange warten mussten, bis Tante Trude die Weihnachtsgeschichte erzählt hatte. Denn auch das gehörte dazu.

Obwohl sie alle längst jedes Wort auswendig kannten, war es doch immer ein Erlebnis, Trude zuzuhören. Niemand hatte eine so sanfte Stimme wie sie und niemand konnte die Geschichte von der Geburt Jesu mit so viel Dramatik, zur gleichen Zeit aber absolut ruhig und feierlich erzählen.
Die Augen der Tante strahlten im Schein der Kerzen und ihr Lächeln wirkte noch freundlicher, wohlwollender und unzerstörbarer als sonst, obwohl Heiner Kamericz schon immer zu seiner Frau sagte, das Lächeln ihrer Schwester sei eines der wenigen Dinge mit Bestand und werde sie vermutlich überleben.
Was keinesfalls abwegig war, da Trude es bereits jede Nacht in ein Glas legte, um es dort mit Chemikalien zu konservieren.

Dass ausgerechnet Trude beim anschließenden Spiel mit Lenas neuer Puppenbühne das Krokodil führte und sich wild zu gebärden versuchte, stürzte alle in Lachkrämpfe.
Marek ließ schließlich die Autos und Weltraumfahrer sein und mischte sich in das Theatertreiben ein, ganz ohne Protest oder Neid auf seine Schwester.
Aber wir sagten es ja bereits: der Tag war voller Wunder. Das größte aller Wunder jedoch geschah erst, nachdem die Kinder, die sich müde gefreut hatten, längst im Bett lagen, Tante Trude das Haus verlassen hatte und sich schließlich auch Heiner und Martha Kamericz zurückzogen.

Eine halbe Stunde lang geschah nichts im Haus Kranower Straße 23. Das vom Schnee reflektierte Licht der Straßenlampe schien hell in die Zimmer und gab mit seinen Spiegelungen in den Scheiben des Esszimmerschranks der stillen Zeit ein angemessen würdevolles Gesicht.
Dann begann die alte Standuhr, die Heiner von seinen Eltern geerbt hatte, mit lautem Ächzen und Krachen die Mitternacht zu verkünden.
Dies aber ist, wie jeder wissen sollte, die Stunde, in der Spielzeug zum Leben erwacht. Besonders Kasperlpuppen und Stoffhasen.

"Habt ihr das vorhin gehört?" fragte der Kasper und klatschte in lautloser Begeisterung seine Stoffhände aneinander.
"Was?" meinte murrend das Krokodil, dessen Stimme überhaupt keine Ähnlichkeit mit der Tante Trudes hatte.
"Na, diese Geschichte über die Geburt eines Erlösers", antwortete der Kasper und versuchte einen Purzelbaum, der ihm allerdings misslang. Er plumpste nur von der Puppenbühne und landete auf dem Teppich.

"Was ist ein Erlöser?" mischte sich der Stoffhase ein.
"Das ist jemand, auf den alle Menschen warten, weil... na, wenn er kommt, dann hört das Böse in der Welt auf. Oder so ähnlich", erklärte Gretel.
"Oder so ähnlich", echote das Krokodil hämisch.
"Wie soll denn das gehen?" begehrte der Hase zu wissen.
Und bevor noch irgendwem eine Antwort einfiel, zischte das Krokodil, das sich seit seinen Konversationen mit einem Kindercomputer im Kaufhaus überaus gebildet wähnte: "Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen, ist das eh alles Quark."

"Blas' dich nicht so auf, Krötengesicht", rief der Kasper nach oben, "ich bin sicher, die Geschichte ist wahr. Immerhin kommt ein Kasper darin vor. Das spricht sehr für die Authentizität."
"Im Gegenteil", widersprach das Krokodil, "die ganze Geschichte spielt doch irgendwo rechts von Afrika. Und kein Mensch dort trägt Zipfelmützen, du hanswurstiger Besserwisser."
"Streitet euch nicht", mahnte Gretel.
Und die Großmutter pflichtete bei: "Euer Gezänk auf der Bühne ist schon unerträglich, nun gebt wenigstens nachts Ruhe."
"Ich finde schon", ließ sich wieder der Kasper vernehmen, "wir sollten das ausdiskutieren."
Und glücklicherweise hörte niemand das Krokodil murmeln "Ich kann dieses pädagogisch wertvolle Spielzeug nicht leiden."

"Wir können die ganze Geschichte doch rekon...kontu... - also nachspielen", bot der Hase an.
Und da keiner in dieser Nacht etwas Besseres vorhatte, wurde dieser Vorschlag angenommen.
Allerdings gab es gewisse Schwierigkeiten bei der Besetzung der verschiedenen Rollen.

Die Großmutter argumentierte, sie wäre die Ältere und daher besser als Gretel geeignet, die Maria zu verkörpern.
Schließlich gab Gretel nach und begehrte den Part des kleinen Jesus.
Doch, so wandte das Krokodil ein, dafür hätte sie nun aber das falsche Geschlecht. Die beiden disputierten aufgeregt über die Freiheiten des modernen Puppentheaters bis der Hase sich zu Wort meldete und verkündete, er wäre die ideale Besetzung des Jesus, denn er hätte genau gehört, dem Kleinen wären neben wertvollem Schnickschnack auch "irgendwelche Sachen zum Rauchen und Möhren" dargebracht worden.
Die Versuche, ihm klar zu machen, es hätte sich um Myrrhe gehandelt, wies er mit der beleidigten Feststellung zurück, dergleichen gäbe es gar nicht und man hätte dieses Wort nur erfunden, um ihn zu foppen.
Kasperl war natürlich einer der Könige. Und das Krokodil ebenfalls, denn, so erläuterte es, "einer der Könige kommt aus Afrika, genau wie wir Krokodile".
"Aber er ist schwarz, nicht grün", begehrte der Kasper auf und der Streit entbrannte von vorn.

Doch plötzlich rief der Hase: "Seht mal, da!" und alle starrten gebannt ins Dunkel des Hauses, durch das sich langsam ein helles Licht bewegte.
"Der Stern von Bethlehem", rief die Großmutter entzückt, "es ist wahr."
Und alle waren plötzlich still angesichts des Wunders. Keiner wagte mehr, den Wahrheitsgehalt der Weihnachtsgeschichte anzuzweifeln.

Dass der leuchtende Stern nur der Kegel einer Taschenlampe war, dem ein verschlafener Heiner Kamericz nachtappte, weil er unbedingt einen Magenbitter trinken musste, da sich in seinem Magen der Rollbraten à la Martha mit unzähligen Lebkuchen zu einer Beton ähnlichen Masse zusammengeklumpt hatte, spielt dabei keine Rolle.

So oder so: es wurden vier Holzköpfe und ein Stoffhase in dieser Nacht zum Glauben an den Ursprung der Weihnacht bekehrt. Wenn das kein Wunder ist...

Denn es ist nicht wichtig, woraus Wunder wirklich bestehen. Wichtig ist nur, dass sie geschehen.

Text von Herbert Jost-Hof

Passend zur Kolumne von Herbert Jost-Hof folgen hier nun zwei Rezepte, eines davon vegetarisch.

Rollbraten à la Martha

Rezept für 4 Portionen
Zutaten:

1 kg Rollbraten
2 mittel-große Zucchini
4 große Möhren
4 große Zwiebeln
1 große Dose/n Tomaten mit Saft
1 kleine Dose/n Champignons
Meersalz und schwarzer Pfeffer
Nelkenpulver
Zimt
Korianderpulver*
Knoblauchpulver

Zubereitung:

Den Rollbraten nach Geschmack mit dem schwarzem Pfeffer, Meersalz und Nelkenpulver würzen und mindestens 1 Stunde ziehen lassen. In der Zwischenzeit den Römertopf mindestens 15 Min. wässern.

Die Tomaten vierteln, mit dem Saft mischen und kräftig mit dem schwarzem Pfeffer, Meersalz, Zimt, Korianderpulver und Knoblauchpulver würzen. Gemüse und Zwiebeln in mundgerechte Stücke schneiden.

In den Römertopf die Tomaten-Gewürzmischung geben und den Rollbraten darauf legen. Den Römertopf schließen und in den kalten Backofen stellen. Bei 175°C den Rollbraten eine Stunde garen.

Das kleingeschnittene Gemüse und die Zwiebeln in den Römertopf geben und kurz umrühren. Nochmals bei 175°C eine weitere Stunde garen lassen.

Arbeitszeit: ca. 30 Min.

Lebkuchen vegan

Rezept für 1 Portion
Zutaten:

240 g Mehl
2 EL Kakaopulver
1 TL Lebkuchengewürz
1 TL Backpulver
220 g Zuckerrübensirup
250 ml Wasser
3 EL Pflanzenöl
25 g Orangeat
25 g Zitronat
25 g Mandel(n), gehackte
250 g Kuvertüre, (Zartbitterkuvertüre) vegan

Zubereitung:

Trockene Zutaten gut mischen. Dann Wasser, Öl und Zuckerrübensirup unterrühren, bis ein glatter Teig entsteht. Schließlich Orangeat und Zitronat unterheben. Den Teig in eine Springform geben und mit den gehackten Mandeln bestreuen. Bei 170°C (Ober-/Unterhitze) ca. 40 min. backen. Abkühlen lassen, in kleine Würfel schneiden und mit der geschmolzenen Kuvertüre überziehen.

Arbeitszeit: ca. 40 Min.

Liebe Freunde unserer Kolumne „Liebe geht Doch durch den Magen“, wir verabschieden uns mit dieser Weihnachtsgeschichte. Danke für Ihr Interesse und Ihre Aufmerksamkeit.

Wir wünschen Ihnen allen, mit oder ohne Rollbraten, eine schöne Weihnachtszeit und alles Gute für den bevorstehenden Jahreswechsel und für 2015!

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